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  • Thema von andreas.eick im Forum Burnout- "ich fühle es...

    Claudia Becker

    Die Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen nehmen zu. Burn-out und Depressionen seien jedoch zwei verschiedene Diagnosen, erklärt Psychologin Ilona Bürgel und gibt Tipps zur Vorbeugung.

    Wir leben in einem der reichsten Länder der Welt, es geht uns so gut wie nie – dennoch nimmt die Zahl der psychischen Erkrankungen dramatisch zu. Ein Gespräch mit der Psychologin Ilona Bürgel über die Ursachen und die Frage, wie wir endlich glücklicher werden können.

    Die Welt: Nach einer aktuellen DAK-Studie sind erstmals seit zehn Jahren die Fehltage wegen einer Burn-out-Diagnose zurück gegangen. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Fehltage durch Depressionen um 178 Prozent erhöht. Warum leiden immer mehr Menschen unter Depressionen?

    Ilona Bürgel: Ich freue mich zunächst einmal, dass Sie die Nachricht aufgegriffen haben, dass Burn-out zurückgeht. Dazu gibt es nämlich bislang nur wenige Veröffentlichungen. Suchen Sie nach "Burn-out auf dem Vormarsch" finden Sie Tausende Treffer, es wird von Epidemien psychischer Erkrankungen gesprochen und genau darin liegt schon ein Teil des Problems.

    Die Welt: Wie meinen Sie das?

    Bürgel: Der Frage, ob psychische Erkrankungen generell auf dem Vormarsch sind, nehmen sich immer mehr Institutionen wie etwa das Robert-Koch-Institut an. Alle kommen zu dem Ergebnis, dass sie nicht zunehmen, sondern die Art der Krankschreibung zunimmt. Vor allem aber sind sie ein öffentliches Thema geworden, sodass Ärzte, Unternehmen und Betroffene sie eher ansprechen und somit auch eher krank geschrieben wird.

    Die Welt: Sind Ärzte zu schnell mit der Diagnose einer psychischen Erkrankung?

    Bürgel: Ärzte sind immer besser ausgebildet und erkennen sie früher. Der veränderte Umgang mit Diagnosen erklärt auch, warum Burn-out zurück geht, während Depressionen zunehmen. Für Burn-out verwenden die Kassen keinen klaren Diagnoseschlüssel. Bei Depressionen sind die Abgrenzung und der Diagnoseschlüssel eindeutiger. Unabhängig davon bin ich überzeugt, dass Burn-out ansteckend ist.

    Die Welt: Wie ein Schnupfen?

    Bürgel: Nicht ganz. Die Psychologen Charlotte Kraus und Simon Hahnzog haben nachgewiesen, dass wir durch die ständige Berichterstattung über die Zunahme psychischer Erkrankungen eigene Symptome suchen und interpretieren. Meines Erachtens geht es uns heute überhaupt erst so gut, dass wir es uns leisten können, uns ständig mit uns selbst zu befassen und uns an den Maßstäben des Dauerglücks zu messen. Natürlich gibt es gerade bei Depressionen viele Ursachen, die angeboren sind oder Reaktionen auf traumatische Ereignisse. Ich bin mir aber sicher, dass die Art, wie wir leben, dazu beiträgt. Und dieses Wertesystem, ist "ansteckend" im Sinne der Weitergabe in Familie und Gesellschaft.

    Die Welt: Was machen wir falsch?

    Bürgel: Jede Gesellschaft hat Krankheiten, die zu ihr passen. Wir leben in einer Welt, in der es uns so gut geht wie nie und in der wir doch immer unglücklicher werden. Das hat mit Beschleunigung zu tun, mit Digitalisierung oder Veränderungsdruck. Aber das ist es nicht allein. Unsere Denkkultur heißt Selbstoptimierung, Dauerglück und ständig steigende Ansprüche. Es ist schick, omnipotent, super gut drauf und erfolgreich zu sein und das immer. So etwas gibt es nicht. Die fremden und eigenen Erwartungen puschen sich gegenseitig. Der Preis, den wir zahlen heißt Selbstüberforderung, Dauerstress und vor allem Angst. Die Angsterkrankungen liegen ja in der Prävalenz noch vor den Depressionen und wir alle kennen die alltäglichen Ängste zu versagen, nicht gut genug zu sein, nicht gemocht zu werden.

    Die Welt: Ist das nicht ihre subjektive Wahrnehmung?

    Bürgel: Es gibt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Stresslevel und Gesundheitsproblemen. Das zeigt die letzte TK-Stressstudie. Von denen, die häufig unter Stress leiden, beklagen 65 Prozent Erschöpfung und Ausgebranntsein, 52 Prozent Schlafprobleme, 28 Prozent niedergedrückte Stimmungen. Bei Menschen mit wenig Stress treten diese Symptome unterdurchschnittlich auf.

    Die Welt: Macht unser Arbeitsleben krank?

    Bürgel: Die Arbeit ist nicht immer Schuld. Private Sorgen belasten die Gesundheit mehr. Arbeit an sich macht nicht krank, sondern, wie wir damit umgehen. Wenn 70 Prozent der Menschen sagen, dass ihre Arbeit Freude bereitet, sie auf der anderen Seite Stressor Nummer eins ist, dann stimmt etwas nicht. Arbeit gibt Sinn, Struktur und Entfaltungsmöglichkeiten.

    Das Wohlbefinden bei der Arbeit hat einen doppelt so hohen Einfluss auf das Gesamtwohlbefinden wie das finanzielle oder physische. Natürlich verändern sich die Anforderungen. Aber wir haben immer noch selbst Spielraum, den wir häufig gar nicht nutzen, denken wir an lange Mittagspausen, Gleitzeit oder Mitspracherechte.

    Die Welt: Werden Depressionen und Burn-out noch zu wenig als gesamtgesellschaftliches Problem betrachtet?

    Bürgel: Wir zeigen immer aufeinander, die Unternehmen auf die Gesellschaft, der Einzelne auf die Unternehmen, die Gesellschaft auf Unternehmen und Einzelne. Das kann ewig so weitergehen und natürlich haben alle ihren Anteil. Aber wir benötigen vor allem eines: Einen Wertewandel hin zu menschlichen, nicht nur unternehmerischen Sinnfragen.

    Wir brauchen Arbeitsbedingungen, die familienfreundlicher werden und jeden Einzelnen, der die Verantwortung für Gesundheit und Wohlbefinden nicht länger auf Arbeitgeber und Krankenkasse schiebt, sondern täglich bessere Entscheidungen trifft. Wir haben das Land mit den meisten Urlaubstagen, das Bruttoinlandsglück wird neben dem Bruttoinlandsprodukt diskutiert. Doch die größte und am schnellsten wirksame Reserve sind wir selbst.

    Wir haben große Schutzfaktoren selbst in der Hand, die wir zunehmend vernachlässigen: Selbstfürsorge sowie das soziale Umfeld. Freunde und Familie kommen immer öfter zu kurz und wir selbst noch mehr. Denn wir kümmern uns so um uns, wie wir sparen: Wenn etwas übrig ist und das ist es fast nie.

    Die Welt: Wie können wir glücklicher werden?

    Bürgel: Nur wenn wir selbst besser für uns und unsere Bedürfnisse sorgen, haben wir doch etwas zum Abgeben. Wir sind unabhängig davon, wie oft der Chef lobt oder ob die Kinder aufgeräumt haben. Je mehr wir uns hinten anstellen, umso eher sind wir bereit, immer mehr zu leisten, um Erfolg und Anerkennung zu bekommen. Wir arbeiten uns kaputt für Dinge, die uns nur kurzfristig glücklich machen. Besser, als sich ständig mit Problemen, Mängeln und Enttäuschungen zu befassen wäre es, stärkenorientiert zu denken. Wir alle haben psychische Stärken wie Mut, Optimismus oder Freundlichkeit. Wir vergessen sie nur zu schnell.

    Die Diplompsychologin Ilona Bürgel, 50, lebt und arbeitet in Dresden und in Aarhus. Die Vertreterin der Positiven Psychologie will den Blick auf individuelle Stärken lenken. 2014 erschien ihr Buch "Die Kunst, die Arbeit zu genießen" (Verlag Kreuz, 14,99 Euro).

  • Von der Kränkung zur KrankheitDatum20.02.2015 20:31
    Thema von andreas.eick im Forum Burnout- "ich fühle es...

    Wer gedemütigt wird, erleidet eine Verletzung der Seele. Dabei können auch stressbedingte Erkrankungen ausgelöst werden. Experten fordern eine neue Kultur der Wertschätzung.

    "Jeder Einzelne hat nur ein einziges emotionales Portemonnaie, um alle Belastungen seines Lebens zu bezahlen", gibt der Psychologe Bernhard Sieland zu bedenken. Der Forscher an der Universität Lüneburg beschäftigt sich seit langem mit chronischem Stress und seinen seelischen Ursachen. Die Zielfrage seiner Arbeit: Wie bringt man Lehrer, die sich als ausgebrannt empfinden, termingehetzte Büroangestellte oder alleinerziehende Mütter mit Fulltime-Job dazu, Stress auszuhalten, ohne unter ihm zu leiden und an ihm zu erkranken?

    "Wir haben an Schulen anonyme Foren eingerichtet, um herauszufinden, welche Faktoren Lehrer am meisten belasten," berichtete Sieland bei einem Experten-Kolloquium "Umgang mit dem Stress", veranstaltet von der "Welt" gemeinsam mit der Barmer GEK. "Bei der Befragung rangierte der Faktor 'Kränkung' an erster Stelle." Mit anderen Worten: Seelische Kränkung ist ein Tabu, und nur anonym gestehen Gekränkte ein, sich emotional verletzt zu fühlen. Gleichzeitig bereitet nichts so großen Stress wie Beleidigung, Kränkung, Missachtung, Ehrverletzung und ähnliches.

    Wertschätzung und positives Feedback hingegen standen in Sielands Untersuchung ganz oben auf der Wunschliste der Befragten. Eine Erkenntnis, die einerseits quasi jedermann an sich selbst nachvollziehen kann. Anderseits wirft sie ein neues Licht auf den Zusammenhang zwischen stressbedingten Erkrankungen und ihren viel diskutierten individuellen, gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Folgen – von schwindender Lebensqualität über steigende Krankheitskosten bis hin zu hohen Produktivitätsausfällen.

    Selbstachtung ist essentiell

    Eine Verletzung der Seele kann also sowohl Auslöser eines psychischen Leidens als auch die scheinbar versteckte Ursache weitverbreiteter körperlicher Erkrankungen etwa der Wirbelsäule, des Kreislaufs oder der Verdauungsorgane sein. Auf den zweiten Blick ist das alles andere als verwunderlich. Schließlich sind dem Menschen Selbstachtung und Selbstwert so wichtig wie kaum etwas anderes. Sie zu erhalten oder sogar zu steigern, ist ihm aus sich selbst heraus nur schwer möglich. In aller Regel braucht er dazu den positiven Kontakt zu anderen. Und gleichzeitig reagiert der Mensch höchst empfindlich, wenn seine Ehre, seine Selbstachtung und sein Wert bei diesem Kontakt in Frage gestellt oder gar negiert werden.

    In ihrer Ehre gekränkte Menschen entwickeln häufig das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden. Ihr Selbstbild stimmt mit dem Erlebtem nicht überein. Ein Dilemma, das häufig in Selbstzweifel und schwindendes Selbstwertgefühl mündet. Dabei spielt die persönliche, aber auch die gesellschaftliche Wertschätzung, eine entscheidende Rolle. Sowohl im Arbeits- wie auch im Privatleben.

    "Wenn eine gestandene Krankenschwester, der immer wieder beteuert wird, wie wichtig ihre Arbeit sei, nicht mehr verdient als ein Azubi bei Audi im ersten Lehrjahr, haben wir eine Gratifikationskrise," sagte Gerhard Huber vom sportwissenschaftlichen Institut der Uni Heidelberg auf dem Experten-Kolloquium.

    Gratifikationen kein Ersatz für persönliche Wertschätzung

    "Wir brauchen eine neue Feedback-Kultur", konstatierte hingegen Friederike Maria Engst vom Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung und dort zuständig für die Koordination des Betrieblichen Gesundheitsmanagements. "Zielvereinbarungen und Gratifikationen ersetzen nicht, sich beachtet und geachtet zu fühlen."

    Wie groß der menschliche Drang ist, sich positiv gespiegelt zu sehen und in der eigenen Haut wohlzufühlen, beschrieb Dirk Lehr, Diplom-Psychologe der Uni Lüneburg, auf dem Experten-Kolloquium von "Welt" und Barmer GEK anhand eines Beispiels aus der Erforschung von Lebenspartnerschaften. Demnach ergab eine Befragung, dass bei glücklichen Paaren das Verhältnis zwischen positiver und negativer Rückkopplung etwa fünf zu eins beträgt. Eine Kränkung wiegt in unserem Seelenhaushalt also fünfmal schwerer als eine Wertschätzung. Und es gibt gute Gründe anzunehmen, dass dieses Verhältnis nicht nur in Liebesbeziehungen gilt.

    Mangel an individueller Wertschätzung als einer der Hauptgründe für Stress und seine negativen Folgen hat jedoch noch andere Facetten. Schließlich ist jeder Mensch anders, reagiert auf Herausforderungen und Reize unterschiedlich. Auch persönliche Leitbilder divergieren erheblich. Wenn die Wirklichkeit damit nicht übereinstimmt, entsteht eine neue Stressquelle.

    Fatale "Erschöpfungssehnsucht"

    Soziale Vergleiche etwa, bei denen man schlecht wegkommt, schaffen die Grundlage für quälende Selbstbezichtigungen. Selbstgesteckte Ziele, z. B. in jeder Lebenslage perfekt wie eine Maschine funktionieren zu können, machen Stress. Von einer "Erschöpfungssehnsucht" spricht in diesem Zusammenhang der Naturheilkundler Hans-Joachim Petersohn, Präsident der Gesundheitskommission im Bundesverband Mittelständische Wirtschaft. "Früher war eine psychische Krankheit peinlich. Heute aber ist es schick, ausgepowert zu sein. Burn-out ist gesellschaftsfähig geworden".

    Viel wäre geholfen, würde man im Kampf gegen chronischen Stress die Betroffenen ganzheitlich betrachten und ihnen individuelle Angebote machen, um das Bewusstsein für Entspannung, eigene Widerstandsfähigkeit und Gelassenheit zu üben. Wer trainiert, die eigenen und die Grenzen anderer zu erkennen und zu respektieren, wer das Nein-Sagen lernt, macht wichtige Schritte zur Stress-Prävention.

  • Blog-Artikel von andreas.eick

    In Deutschland sind im vergangenen Jahr weniger als drei Millionen Neuwagen zugelassen worden – viel weniger als 2012. Die Hersteller sind dennoch optimistisch, doch das liegt nicht am Heimatmarkt.

    Die Deutschen haben sich 2013 beim Autokauf zurückgehalten. Im vergangenen Jahr wurden hierzulande 2,95 Millionen Neuwagen zugelassen, wie das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) mitteilte. Das waren 4,2 Prozent weniger als 2012.

    Bereits im Vorjahr hatte es einen Rückgang um 2,9 Prozent gegeben. Im Monat Dezember liefen die Geschäfte der Autohersteller vergleichsweise gut. Die Zahl der Neuzulassungen stieg im Vergleich zum Vorjahresmonat um 5,4 Prozent auf 215.320. In der Jahresbilanz 2013 ist Volkswagen trotz eines Rückgangs von 4,6 Prozent mit einem Anteil von 21,8 Prozent weiterhin Marktführer.

    Die deutschen Hersteller sind dennoch für das laufende Jahr optimistisch – und das liegt neben den guten Geschäften in China vor allem an der stabilen Nachfrage auf dem bislang größten Automarkt der Welt, den USA. "Wir gehen mit großer Zuversicht nach Detroit", sagte Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) der "Börsen-Zeitung". In zwei Wochen startet in Detroit die Motor Show.

    Lobbyverband erwartet Erholung

    Angesichts "spannender Weltpremieren" und kontinuierlich wachsender Marktanteile hätten BMW, Mercedes, Volkswagen & Co. jenseits des Atlantiks "sehr gute Perspektiven", sagte Wissmann. Zugleich zeigte er sich für 2014 für Westeuropa und Deutschland optimistischer.

    Wissmann erwartet eine langsame Erholung der bislang rückläufigen Nachfrage in Westeuropa. "Das erleichtert eine Entspannung an der Rabattfront", womit die Margen bei den Autoherstellern steigen sollten. Darüber hinaus gründe sich der Erfolg der Hersteller auf ihre weltweite Präsenz.

    Von den mehr als 14 Millionen Personenwagen mit deutscher Marke seien im Vorjahr nur gut zwei Millionen auf dem Heimatmarkt verkauft worden. Gleichwohl seien nahezu 5,5 Millionen Pkw in hiesigen Werken produziert worden, während sich die Auslandsfertigung im vergangenen Jahrzehnt auf 8,7 Millionen Autos gut verdoppelt hätte.

  • Blog-Artikel von andreas.eick

    War früher für Autofahrer alles günstiger? Einerseits ja: Der Sprit war billiger, die Werkstätten weniger unverschämt. Andererseits zeigt der Blick auf die Entwicklung der Neuwagenpreise Erstaunliches.

    All die verlockenden, auf Hochglanz polierten neuen Modelle, die die Automobilhersteller ab kommender Woche auf dem Genfer Autosalon präsentieren, haben für viele einen entscheidenden Haken: Man muss sie sich leisten können. Und das fällt Otto Normalautofahrer hierzulande angeblich immer schwerer.

    Kaum etwas – von Energie vielleicht abgesehen – ist in den vergangenen Jahren so teuer geworden wie ein Neuwagen, lautet eine häufige Klage. Gefühlt mag das so sein, richtig es aber nicht, im Gegenteil. Im Vergleich zu anderen Gütern sind die Preise für neue Autos in Deutschland vergleichsweise gering gestiegen. Dass sich Autofahrer und -besitzer dennoch über steigende Kosten ärgern, hat einen anderen guten Grund.

    Tatsächlich veröffentlicht das Statistische Bundesamt regelmäßig neue Zahlen zum Anstieg der Neuwagenpreise, und Wirtschaftsexperten liefern dazu manche Hintergründe, die aufhorchen lassen. Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat errechnet, dass die Deutschen 1991 für einen Neuwagen hierzulande durchschnittlich 16.310 Euro bezahlt haben. Der Durchschnittspreis sei bis 2008 auf 25.500 Euro gestiegen, also um 56 Prozent.

    "Stellt man die nominale Entwicklung der durchschnittlichen Pkw-Neuwagenpreise dem allgemeinen Verbraucherpreisindex gegenüber, lässt sich die überproportionale Steigerung der Neuwagenpreise ablesen", schreibt das HWWI. Seit dem Jahr 2000 sei dann ein "deutlicher Anstieg sichtbar".

    Alles fauler Zahlenzauber, meint Willi Diez, Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen. Neuwagenpreise seien im Verhältnis zu den allgemeinen Verbraucherzahlen unterproportional teurer geworden, schreibt er in einer Studie. Und die wurde nicht, wie man nun meinen könnte, im Auftrag der Autoindustrie erstellt, sondern auf Anregung der "Welt".

    Ausstattung der Fahrzeuge wird deutlich besser

    Das Geheimnis seriöser Ergebnisse sei das richtige Rechenmodell, so Diez in seiner Untersuchung "Zur Entwicklung der Automobilpreise in Deutschland". Meist würden nur die Durchschnittspreise und ihre Entwicklung ermittelt und verglichen. "Messungen auf dieser Basis sind aber ein ziemlich fragwürdiges Verfahren", sagt der Branchenexperte.

    Dass die Deutschen in absoluten Zahlen gesehen heute deutlich mehr für einen Wagen als vor zehn oder 20 Jahren bezahlen müssen, ist unbestritten. Experten vom CAR-Center Automotive Research haben errechnet, dass ein durchschnittlicher Pkw in Deutschland 1980 umgerechnet 8420 Euro gekostet habe. 2011 sei man bei knapp 26.000 Euro angekommen.

    Gemessen an Durchschnittslöhnen und -gehältern im Land, habe der Neuwagenkäufer 1980 exakt 9,4 Monate auf den Wagen sparen müssen, 2011 seien es 15,7 Monate gewesen. "Den Deutschen laufen die Neuwagenpreise davon", konstatierte das CAR-Institut. Das mag so sein, hat aber einen einfachen Grund: Die Autos, die sich die Deutschen gönnen, sind immer besser, schneller, sicherer und komfortabler ausgestattet.

    Das Rechenmodell von Diez ist im Grunde ganz einfach: Nimmt man drei Kategorien von Neuwagen, A (billig), B (mittelpreisig) und C (teuer), und errechnet aus allen drei Gruppen den gesamten Durchschnittspreis für den Vergleich bestimmter Zeiträume, bekomme man ein falsches Bild.

    "Denn wenn auf einmal deutlich mehr Autos der teuren Klasse C gekauft werden und weniger günstige A-Modelle, könnte man von einem allgemeinen Preisanstieg ausgehen, weil dadurch der Durchschnittspreis aller gekauften Autos steigt", so Diez. "Tatsächlich entpuppt sich aber der vermeintliche Preisanstieg als Nachfrageverlagerung zu höherpreisigen Modellen."

    Technische Finessen haben ihren Preis

    Dass Autos dieser Tage besser ausgestattet sind als 1980, weiß wohl jeder, aber Diez kann den Qualitätsanstieg belegen. Mit einem Antiblockiersystem waren demnach im Jahr 2000 nur 89 Prozent der Pkws hierzulande versehen. Inzwischen hat praktisch jeder Neuwagen ABS.

    Klimaanlage oder ein Elektronisches Stabilitätsprogramm hatten vor 14 Jahren nur 57 beziehungsweise 20 Prozent der Autos, inzwischen sind es mehr als 93 beziehungsweise 86 Prozent. Elektrische Fensterheber gab es damals bei rund drei Vierteln aller Pkws, heute muss man schon lange suchen, bis man ein Modell ohne findet.

    All die technischen Finessen haben ihren Preis. Die Materialkosten machen den mit Abstand größten Kostenblock bei der Produktion eines Automobils aus. Ihr Anteil liegt bei 43,5 Prozent und damit mehr als vier Mal so hoch wie die Ausgaben für das Personal pro produziertem Pkw.

    Doch nicht mal wenn man berücksichtigt, dass Autos immer besser und damit teurer werden, will Diez eine überproportionale Preissteigerung gelten lassen. Zwischen den Jahren 2000 und 2007 seien allgemeine Verbraucher- und Neuwagenpreise nahezu parallel angestiegen.

    Seit 2008 sei ein deutliches Auseinanderdriften zu erkennen: "Während die Verbraucherpreise von 2007 bis 2012 um insgesamt 8,3 Prozent gestiegen sind, erhöhten sich die Neuwagenpreise im gleichen Zeitraum nur um 1,6 Prozent", so Diez. Der schärfere Wettbewerb nach der Finanzkrise habe den Spielräumen der Autobauer bei Preiserhöhungen deutliche Grenzen gesetzt.

    Größter Kostentreiber sind die Kraftstoffpreise

    Berücksichtige man zudem die Entwicklung der Durchschnittslöhne der Deutschen, habe sich "die Anschaffung eines Neu- und Gebrauchtwagens für die Arbeitnehmer tendenziell sogar verbilligt", sagt Branchenexperte Diez. Im Jahr 2000 hätte ein Arbeitnehmer 1275 Arbeitsstunden leisten müssen, um sich einen Neuwagen kaufen zu können.

    "2012 waren es nur noch 1181 Stunden", sagt er, wobei Durchschnittspreise von rund 23.500 Euro (Jahr 2000) beziehungsweise 26.800 Euro (2012) zugrunde gelegt werden. Auch das CAR-Institut hatte festgestellt, dass die Deutschen seit 2003 nicht mehr kontinuierlich länger arbeiten und sparen müssen wie in den Jahrzehnten zuvor, bis sie sich einen Neuwagen leisten können.

    Dennoch hat man als Autofahrer zunehmend das Gefühl, dass die individuelle Mobilität immer kostspieliger wird. Und das liegt am sogenannten Kraftfahrer-Preisindex. Der erfasst alle Kosten, die der Besitz eines Autos mit sich bringt, von der Anschaffung, Steuer und Versicherung bis hin zur Garagenmiete. Der Kauf eines Pkws ist dabei einer der großen Kostenpunkte – aber eben nicht der größte.

    In Summe sind es all diese Ausgaben rund um das Fahrzeug, die das Autofahren immer teurer machen. Nach Berechnungen des Instituts für Automobilwirtschaft sind zwischen 2000 und 2013 die Verbraucherpreise im Schnitt pro Jahr um 1,6 Prozent gestiegen, der Kraftfahrer-Preisindex erhöhte sich im fraglichen Zeitraum jedoch um jährlich 2,5 Prozent.

    Das liegt vor allem an den Kraftstoffpreisen, die mit Abstand der größte Kostentreiber sind. Laut IFA lag der jährliche Preisanstieg seit 2000 bei 4,3 Prozent, wobei Diesel noch teurer als Benzin geworden ist. Die Kraftstoffpreise sind der mit Abstand kostspieligste Posten für Autofahrer.

    Zweitgrößter Posten sind die Reparaturen

    Wenn man den Kraftfahrer-Preisindex, also die Gesamtkosten, insgesamt mit dem Faktor 100 festlegt, machen die Ausgaben für Kraftstoff 33 Prozent aus – die für den Kauf des Neuwagens nur knapp 22 Prozent.

    Zweitgrößter Posten und Kostentreiber sind die Aufwendungen für Reparaturen, Inspektionen sowie für Ersatzteile und Zubehör (über 24 Prozent), also das sogenannte After-Sale-Geschäft. Die Autokonzerne konzentrieren sich verstärkt darauf, denn damit lässt sich zunehmend gut verdienen.

    Nach den Berechnungen des IFA sind die Preise für Reparaturen von Pkws zwischen 2000 und 2012 um 31,5 Prozent gestiegen, also um 2,3 Prozent pro Jahr und damit deutlich mehr als die Verbraucherpreise insgesamt. Bei Ersatzteilen lag der Preisanstieg im fraglichen Zeitraum bei 23,1 Prozent beziehungsweise 1,7 Prozent jedes Jahr.

    Fazit: Die größten Kostentreiber sind die Tankstellen- und Werkstättenbetreiber. Die Erkenntnis ist im Grunde ja nicht neu – aber man vergisst sie gerne, wenn man im Autohaus steht oder auf einer Messe wie dem Autosalon in Genf.

  • Das perfekte LebenDatum19.05.2014 19:58
    Blog-Artikel von andreas.eick

    Beim Streben nach Status schauen die Deutschen verstärkt auf Dinge, die man sich mit Geld nicht kaufen kann. Für besonders erstrebenswert halten sie es etwa, Zeit für sich zu haben, körperlich fit zu sein oder viele Sprachen zu sprechen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Online-Befragung der Berliner Strategieagentur Diffferent, die der "Welt am Sonntag" exklusiv vorliegt.
    "In vielen Bereichen ist eine Sättigung eingetreten", sagt der Autor der Studie,, Director Dirk JehmlichTrends & Innovation bei Diffferent. "Ein Smartphone zu besitzen zum Beispiel ist per se kein Statussymbol mehr." Eher könnte künftig das Gegenteil der Fall sein. Mehr als die Hälfte der Befragten nannte eine bewusste Auszeit von Handy und Internet als Möglichkeit, um sich von anderen abzugrenzen. Immerhin 45 Prozent fanden eine solche Auszeit auch für sich selbst erstrebenswert. Ihre Freunde treffen die Menschen übrigens lieber in Person als virtuell. Allem Hype um die sozialen Netzwerke zum Trotz: Lediglich 16 Prozent der Befragten findet es erstrebenswert, viele Kontakte auf Facebook oder Xing zu haben. 60 Prozent dagegen wünschen sich "im echten Leben" einen großen Freundeskreis.
    Für die Studie hat Diffferent eine repräsentative Stichprobe von rund 2000 Menschen online befragt. Außerdem wurden 30 Interviews mit Unternehmensvorständen und Wissenschaftlern zum Thema Statussymbole geführt.
    Ganz hoch im Kurs stehen der Umfrage zufolge die immateriellen Güter. Neun der top zehn Begehrlichkeiten gibt es nicht zu kaufen. Auf Platz eins rangiert die Zeit für sich selbst, die 90 Prozent der Befragten durch alle Altersschichten erstrebenswert finden. Auch ein "unbefristeter Arbeitsvertrag", "Kinder haben", "eine Ehe führen", "richtig gut kochen können", "stets über die Weltpolitik informiert sein" und "sich ehrenamtlich engagieren" schaffen es auf die vordersten Plätze. Für die Autoren der Studie deutet das darauf hin, dass die Mehrheit der Menschen lieber zur Wissens- und Bewusstseinselite als zur Geld-Elite gehören möchte.
    Diese Bewusstseinseliten indes sind für Unternehmen besonders begehrte Kunden. "Sie sind oft die Vorreiter und Trendsetter der Gesellschaft", sagt Jehmlich. Sie stehen für ihre Werte ein. Das fänden andere Menschen gut und folgten. "Deshalb steht diese Gruppe beim Marketing besonders im Fokus."
    Das gilt zum Beispiel bei der Deutschen Bahn. Kunden, denen eine nachhaltige Mobilität wichtig war, hatte der Konzern schon lange. In den vergangenen Jahren allerdings sei ihre Zahl "erheblich gewachsen", berichtet Marketing-Vorstand Manuel Rehkopf. Zudem hätten Angehörige der Bewusstseinselite ganz gewichtigen Einfluss: "Dieses Segment ist besonders sprachmächtig und somit ein wichtiger Multiplikator", sagt Rehkopf. Kein Wunder, dass die Bahn mit einzelnen Aktionen direkt auf diese Gruppe abzielt. Seit April bezieht der Konzern etwa den Strommix für sämtliche Bahncard-Kunden zu 100 Prozent aus regenerativen Energien. Man wolle glaubhaft zeigen, dass man es ernst meine mit der Verantwortung, sagt Rehkopf.
    Unter den Top-10-Statussymbolen der Diffferent-Rangliste lässt sich tatsächlich nur die Nummer vier mit Geld kaufen: das eigene Haus oder die Eigentumswohnung. Die Immobilie finden 80 Prozent aller Befragten erstrebenswert, unter den Jungen zwischen 18 und 29 Jahren liegt der Anteil sogar bei 84 Prozent.
    Überhaupt tendieren die jüngeren Befragten zu konservativen Werten: 77 Prozent – fünf Prozentpunkte mehr als der Durchschnitt aller Deutschen – möchten eine Ehe führen. Und immerhin noch 59 Prozent finden es erstrebenswert "einen gepflegten Garten" zu haben. Noch wichtiger ist es den Jungen allerdings, einen Partner zu finden, den andere Menschen für gut aussehend halten (64 Prozent) und ein Smartphone zu besitzen (68 Prozent). Bei den Älteren dagegen überwiegt schon der Wunsch, eine Auszeit von diesen elektronischen Geräten zu nehmen. Studienleiter Jehmlich hält das für typisch: "Man muss viele Dinge erst besitzen, um zu bemerken, dass man sie nicht braucht."
    So kommt es, dass in einer alternden und immer reicheren Bevölkerung immaterielle Statussymbole immer wichtiger werden. Je älter die Menschen, desto weniger Dinge kaufen sie, um andere damit zu beeindrucken. Unter den 18- bis 29-Jährigen gaben immerhin noch 42 Prozent zu, dass sie sich etwas leisten, um bei ihren Freunden Eindruck zu schinden. Bei den über 50-Jährigen waren es nur noch 14 Prozent. "Erlebnisse und Services stehen mehr und mehr im Vordergrund", sagt auch Jehmlich.
    Das heißt in den Augen des Gesellschaftsforschers aber nicht, dass die Menschen künftig unabhängig werden von materiellen Bedürfnissen. "Immaterielle Statussymbole stehen nicht im Widerspruch zu den Statusklassikern. Zeit zu haben, muss man sich leisten können. Auch Moral kann teuer sein", sagt Jehmlich. "Menschen, die nach Ruhe und Selbstbestimmung streben, landen dann doch oft wieder beim Boot oder dem abgeschiedenen Ferienhaus. Jedes immaterielle Symbol benötigt ein Produkt, in dem es sich manifestiert. Und das ist die Chance fürs Marketing."
    Davon ist auch die österreichische Markt- und Motivforscherin Helene Karmazin überzeugt. Der Wunsch nach positiver Unterscheidung sei in unserer Gesellschaft nach wie vor zentral. "Materielle Statuszeichen haben also keineswegs ausgedient – an ihnen kann man eben den Status relativ einfach ablesen, da sie sichtbar sind", sagt Karmazin. Wirkliche Eliten setzen diese Statuszeichen noch immer ein, "wenn auch mit großem Geschmack". Daneben träten heute die Demonstration von moralischer Gesinnung, Zeitsouveränität oder eines perfekten Körpers. Schwierig an diesen neuen Entwicklungen sei es, solche immateriellen Werte in "beobachtbare Zeichen" zu übersetzen, sagt Karmazin. "Ein Auto ist leicht zu klassifizieren, aber eine moralische Gesinnung?"
    Die Diffferent-Befragung gibt Anhaltspunkte für die neuen und alten Statussymbole. 48 Prozent der Deutschen nennen noch immer das Auto an erster Stelle. Es folgen Computer und Smartphones mit 16 Prozent noch vor Mode, Unterhaltungselektronik, Uhren und Schmuck. Bei den Marken schafft es der Computer-Riese Apple auf den ersten Platz (mit zwölf Prozent der Nennungen). Unter den Automarken siegt Audi noch vor Mercedes-Benz, BMW und Porsche. Audi-Marketingvorstand Luca de Meo setzt auf die Verbindung von Produkt und Gesinnung. "Premium-Automobile müssen heute in Nachhaltigkeitsfragen genauso überzeugen, wie sie es bei Sportlichkeit, Komfort und Sicherheit tun", sagt er. Auch er sieht allerdings den eindeutigen Trend, "den Besitz von Gütern mit immateriellen Werten zu verknüpfen". Diese Werte allerdings lassen sich mit Geld eben nicht kaufen.

  • Von der Kränkung zur KrankheitDatum19.05.2014 19:55
    Thema von andreas.eick im Forum Burnout- "ich fühle es...

    Arbeitsstress


    Michael Volber

    Wer gedemütigt wird, erleidet eine Verletzung der Seele. Dabei können auch stressbedingte Erkrankungen ausgelöst werden. Experten fordern eine neue Kultur der Wertschätzung.

    "Jeder Einzelne hat nur ein einziges emotionales Portemonnaie, um alle Belastungen seines Lebens zu bezahlen", gibt der Psychologe Bernhard Sieland zu bedenken. Der Forscher an der Universität Lüneburg beschäftigt sich seit langem mit chronischem Stress und seinen seelischen Ursachen. Die Zielfrage seiner Arbeit: Wie bringt man Lehrer, die sich als ausgebrannt empfinden, termingehetzte Büroangestellte oder alleinerziehende Mütter mit Fulltime-Job dazu, Stress auszuhalten, ohne unter ihm zu leiden und an ihm zu erkranken?

    "Wir haben an Schulen anonyme Foren eingerichtet, um herauszufinden, welche Faktoren Lehrer am meisten belasten," berichtete Sieland bei einem Experten-Kolloquium "Umgang mit dem Stress", veranstaltet von der "Welt" gemeinsam mit der Barmer GEK. "Bei der Befragung rangierte der Faktor 'Kränkung' an erster Stelle." Mit anderen Worten: Seelische Kränkung ist ein Tabu, und nur anonym gestehen Gekränkte ein, sich emotional verletzt zu fühlen. Gleichzeitig bereitet nichts so großen Stress wie Beleidigung, Kränkung, Missachtung, Ehrverletzung und ähnliches.

    Wertschätzung und positives Feedback hingegen standen in Sielands Untersuchung ganz oben auf der Wunschliste der Befragten. Eine Erkenntnis, die einerseits quasi jedermann an sich selbst nachvollziehen kann. Anderseits wirft sie ein neues Licht auf den Zusammenhang zwischen stressbedingten Erkrankungen und ihren viel diskutierten individuellen, gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Folgen – von schwindender Lebensqualität über steigende Krankheitskosten bis hin zu hohen Produktivitätsausfällen.

    Selbstachtung ist essentiell

    Eine Verletzung der Seele kann also sowohl Auslöser eines psychischen Leidens als auch die scheinbar versteckte Ursache weitverbreiteter körperlicher Erkrankungen etwa der Wirbelsäule, des Kreislaufs oder der Verdauungsorgane sein. Auf den zweiten Blick ist das alles andere als verwunderlich. Schließlich sind dem Menschen Selbstachtung und Selbstwert so wichtig wie kaum etwas anderes. Sie zu erhalten oder sogar zu steigern, ist ihm aus sich selbst heraus nur schwer möglich. In aller Regel braucht er dazu den positiven Kontakt zu anderen. Und gleichzeitig reagiert der Mensch höchst empfindlich, wenn seine Ehre, seine Selbstachtung und sein Wert bei diesem Kontakt in Frage gestellt oder gar negiert werden.

    In ihrer Ehre gekränkte Menschen entwickeln häufig das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden. Ihr Selbstbild stimmt mit dem Erlebtem nicht überein. Ein Dilemma, das häufig in Selbstzweifel und schwindendes Selbstwertgefühl mündet. Dabei spielt die persönliche, aber auch die gesellschaftliche Wertschätzung, eine entscheidende Rolle. Sowohl im Arbeits- wie auch im Privatleben.

    "Wenn eine gestandene Krankenschwester, der immer wieder beteuert wird, wie wichtig ihre Arbeit sei, nicht mehr verdient als ein Azubi bei Audi im ersten Lehrjahr, haben wir eine Gratifikationskrise," sagte Gerhard Huber vom sportwissenschaftlichen Institut der Uni Heidelberg auf dem Experten-Kolloquium.

    Gratifikationen kein Ersatz für persönliche Wertschätzung

    "Wir brauchen eine neue Feedback-Kultur", konstatierte hingegen Friederike Maria Engst vom Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung und dort zuständig für die Koordination des Betrieblichen Gesundheitsmanagements. "Zielvereinbarungen und Gratifikationen ersetzen nicht, sich beachtet und geachtet zu fühlen."

    Wie groß der menschliche Drang ist, sich positiv gespiegelt zu sehen und in der eigenen Haut wohlzufühlen, beschrieb Dirk Lehr, Diplom-Psychologe der Uni Lüneburg, auf dem Experten-Kolloquium von "Welt" und Barmer GEK anhand eines Beispiels aus der Erforschung von Lebenspartnerschaften. Demnach ergab eine Befragung, dass bei glücklichen Paaren das Verhältnis zwischen positiver und negativer Rückkopplung etwa fünf zu eins beträgt. Eine Kränkung wiegt in unserem Seelenhaushalt also fünfmal schwerer als eine Wertschätzung. Und es gibt gute Gründe anzunehmen, dass dieses Verhältnis nicht nur in Liebesbeziehungen gilt.

    Mangel an individueller Wertschätzung als einer der Hauptgründe für Stress und seine negativen Folgen hat jedoch noch andere Facetten. Schließlich ist jeder Mensch anders, reagiert auf Herausforderungen und Reize unterschiedlich. Auch persönliche Leitbilder divergieren erheblich. Wenn die Wirklichkeit damit nicht übereinstimmt, entsteht eine neue Stressquelle.

    Fatale "Erschöpfungssehnsucht"

    Soziale Vergleiche etwa, bei denen man schlecht wegkommt, schaffen die Grundlage für quälende Selbstbezichtigungen. Selbstgesteckte Ziele, z. B. in jeder Lebenslage perfekt wie eine Maschine funktionieren zu können, machen Stress. Von einer "Erschöpfungssehnsucht" spricht in diesem Zusammenhang der Naturheilkundler Hans-Joachim Petersohn, Präsident der Gesundheitskommission im Bundesverband Mittelständische Wirtschaft. "Früher war eine psychische Krankheit peinlich. Heute aber ist es schick, ausgepowert zu sein. Burn-out ist gesellschaftsfähig geworden".

    Viel wäre geholfen, würde man im Kampf gegen chronischen Stress die Betroffenen ganzheitlich betrachten und ihnen individuelle Angebote machen, um das Bewusstsein für Entspannung, eigene Widerstandsfähigkeit und Gelassenheit zu üben. Wer trainiert, die eigenen und die Grenzen anderer zu erkennen und zu respektieren, wer das Nein-Sagen lernt, macht wichtige Schritte zur Stress-Prävention.

  • Unser Gehirn belügt unsDatum19.05.2014 19:53
    Blog-Artikel von andreas.eick

    Angeborener Optimismus

    Der Mensch kann nicht anders, als in seiner Zukunft vor allem Gutes zu sehen – denn die Zuversicht ist in den Hirnwindungen verankert.

    Tali Sharot wusste genau, was sie wollte. Als die Israelin zur Jahrtausendwende an die New York University ging, war ihr Plan, Gedächtnisforscherin zu werden. Schon ein Jahr später bot sich die perfekte Möglichkeit zu verstehen, wie das Gehirn Erinnerungen schafft.

    Nach dem 11. September 2011 holte sich Sharot zusammen mit ihrem Team Zeugen des Anschlags in ihr Labor und befragte sie zu ihren Erinnerungen an diesen Tag. Der Anschlag war medial so gut dokumentiert worden, dass sich fast alle Angaben überprüfen ließen. Die Forscher wussten, dass das menschliche Gedächtnis Fehler macht. Nur in welchem Ausmaß, das wussten sie nicht. Während die Zeugen glaubten, ihre Erinnerungen seien akkurat wie eine Videoaufnahme, zeigte der Abgleich: Nur etwa 63 Prozent ihrer Angaben stimmten tatsächlich.

    Fast die Hälfte aller Erinnerungen sollen falsch gewesen sein? Die Forscher grübelten darüber, woher diese große Anzahl von Fehlern kommen könnte. Dann hatten sie eine Idee: Was, wenn das Gedächtnis gar nicht vorrangig dazu da ist, die Vergangenheit aufzubewahren, sondern dazu, die Zukunft vorzubereiten? Dass das tatsächlich sein konnte, ließen Studien an Menschen vermuten, deren Hippocampus, die Gedächtniszentrale des Gehirns, nicht richtig funktioniert. Diese Menschen haben außer ihren Gedächtnisproblemen noch ein weiteres Handicap: Sie können keine Prognosen für die Zukunft abgeben.

    Alles wird gut - die "optimism bias"

    Und so kam es, dass Tali Sharot doch nicht zur Expertin für Gedächtnisfragen wurde – sondern sich seitdem mit Vorhersagen beschäftigt. Und die, sagt sie, seien mindestens genauso verzerrt wie Erinnerungen. Denn Menschen haben, wenn es um die Vorhersage ihrer Zukunft geht, eine rosarote Brille auf. Sie überschätzen maßlos ihre Chancen und Erfolge, ihre Talente und Fähigkeiten, ihre spätere Jobposition und das Gehalt, die Dauer ihrer Ehe und die ihres Lebens.

    Gleichzeitig unterschätzen sie massiv ihre Risiken. Arbeitslosigkeit oder eine Firmenpleite, Autounfälle und Krebserkrankungen – all das kommt in Zukunftsfantasien nur ausgesprochen selten vor. Die optimistische Verzerrung ist sozusagen omnipräsent. Und: Sie ist ausgesprochen veränderungsresistent. Sie besteht auch wider besseres Wissen und entgegen allen Erfahrungen. Sharot hat das Phänomen in der ersten Veröffentlichung zusammen mit Elisabeth Phelps und zwei anderen Kollegen im Jahr 2007 "optimism bias" getauft, optimistische Verzerrung. "Kurz gesagt bedeutet es, dass wir, wenn es um unsere eigene Zukunft geht, unverbesserliche Optimisten sind", sagt sie. "Und wir haben noch dazu keine Ahnung, dass wir es sind."

    Sharots erste Publikation trat zahlreiche Studien los, die die Verzerrungstendenz in allen Bereichen des Lebens bestätigten. Schon Kleinkinder überschätzen demnach alles, was zukünftig Freude machen könnte, und auch noch 60-Jährige blicken überaus optimistisch in die Zukunft. Je älter die Menschen werden, desto stärker wird die Verzerrung bei ihnen sogar, wie etwa die britische Neurowissenschaftlerin Rumana Chowdhury zeigen konnte.

    Ist der Optimismus angeboren?

    Wahrscheinlich, sagt Sharot, sei die optimistische Verzerrung angeboren. Dafür spricht, dass man sie in allen Kulturen der Welt finden kann. In ihrem Labor, inzwischen am Affective Brain Lab am University College of London, hatte sie anfangs ihre Probanden einfach gebeten, sich recht banale zukünftige Ereignisse vorzustellen, eine Reise mit dem Flugzeug etwa. "Eigentlich keine sonderlich spannende Sache – aber in der Beschreibung der Leute klang es, als hätte da ein Filmproduzent seine Finger im Spiel gehabt", sagt Sharot. "Da kamen traumhafte Aussichten vor, gemütliche Nickerchen und ein Gläschen Wein. Aber von Flugverzögerungen, verstopften Bordtoiletten oder schreienden Babys war nicht die Rede."

    Zwang die Forscherin die Teilnehmer, auch Negatives zu berücksichtigen, taten sie dies zwar. Doch die Schilderungen fielen ungleich unkonkreter und distanzierter aus. Einige ihrer Probanden schob Sharot in den Kernspintomografen. Es zeigte sich, dass der Mandelkern, der tief im Gehirn für die Verarbeitung von Gefühlen zuständig ist, bei der optimistischen Verzerrung eng mit einem Teil des Frontallappens hinter der Stirn zusammenarbeitet. Dieser Teil, ACC genannt, fügt alle positiven Informationen im Gehirn zusammen, und baut aus ihnen eine Zukunft, die verführerisch und lohnend aussieht. Solange der Austausch zwischen dem Mandelkern und dem ACC gut funktioniert, ist unser Gehirn auf Optimismus gepolt. Bei gut 80 Prozent aller Menschen, sagt die Forscherin, sei das so. 20 Prozent aber färbten die Zukunft nicht schön. "Die meisten von ihnen sind entweder leicht depressiv, dann werden sie zu Realisten, oder depressiv im klinischen Sinne, dann werden sie zu Pessimisten." Ob der optimism bias zurückkehrt, wenn eine Depression überstanden ist, das untersucht sie derzeit mit Kollegen der Harvard Medical School.

    Das minimale Scheidungsrisiko der Frischverheirateten

    Bei den meisten aber funktioniert die optimistische Verzerrung so zuverlässig und intuitiv, dass sie selbst nichts davon mitbekommen. Nur wenige, die sich für absolute Realisten oder Pessimisten halten, sind es also tatsächlich. Das zeigt sich, wenn man Menschen nach ihren persönlichen Prognosen fragt – und sie dann mit der Statistik dazu konfrontiert. Denn natürlich kennt man die objektiven Wahrscheinlichkeiten für Ereignisse nicht immer. Fragt Sharot etwa Frischverheiratete, wie hoch ihr Scheidungsrisiko sei, bekommt sie selten mehr als einstellige Prozentzahlen als Antwort. Dabei liegt die Wahrscheinlichkeit mittlerweile bei fast 40 Prozent.

    Passen Menschen denn ihre Vorhersagen an, wenn man ihnen die Statistik zeigt? "Sie tun es", sagt Tali Sharot. "Aber sie tun es vor allem dann, wenn sich sich zum Positiven korrigieren können." Wer also auf ein 50-prozentiges Krebsrisiko für sich selbst getippt hatte, reduziert hinterher seine Schätzung deutlich. Wer aber von nur zehn Prozent Risiko ausging, der freundet sich mit der Statistik nicht an. "Die sagen dann: Na ja, gut, trotzdem ist mein Risiko nicht so hoch, vielleicht zwölf Prozent." Die negativen Informationen würden zwar gespeichert – aber die Probanden beziehen sie einfach nicht auf sich. Ein Blick in das Gehirn zeigte, warum das so ist.

    Die sogenannten unteren Stirnhirnwindungen auf der linken Gehirnseite wird bei jeder Information, die ins Positive ging, aktiv: Die Information wird sofort als "wichtig" integriert. Die unteren Stirnhirnwindungen auf der rechten Seite hingegen, die negative Informationen hätte integrieren sollen, arbeiten nicht sonderlich gut – und zwar bei niemandem. Wie Christoph Korn im Jahr 2011, damals an der FU Berlin, inzwischen an der Uni in Zürich, zeigen konnte, lernen Menschen zwar im Laufe des Lebens, negative Informationen zunehmend zu berücksichtigen, aber es bleibt eine Anstrengung.

    Krebs? Bekommen nur andere

    Die optimistische Verzerrung ist also direkt in die Architektur des Gehirns eingebaut. Krebs? Bekommen nur andere. Autounfall? Kann mir nicht passieren. Scheidung? Wir doch nicht! "Der optimism bias ist völlig irrational – aber sinnvoll", sagt Sharot. Er vereinfacht die mentale Bewältigung der Zukunft. Man unterschätzt sein Krebsrisiko und lebt so bis zur möglichen Diagnose sorgenfrei. Ereilt einen die Krankheit doch, überschätzt man seine Heilungschancen, was diese wiederum nachweislich verbessert. Der Optimismus verbessert also in gewissen Grenzen auch die Realität. Vor allem aber macht bereits eine positive Aussicht glücklich und gibt das gute Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben.

    Nur: Ganz ohne Nachteile ist der optism bias auch nicht. Denn er kann leichtsinnig machen. Wer Krebs bei sich für unmöglich hält, wird wenig vorsorgen, wer auf den großen Gehaltsscheck vertraut, wird wenig sparen. Auch Menschen mit großer Verantwortung, wie Politiker, Ärzte oder Piloten, überschätzen sich durch die optimistische Verzerrung leicht und können andere damit in Gefahr bringen. Optimismus lohne sich trotzdem, sagt Tali Sharot.

    Aber nur dann, wenn etwas in der Realität verankert ist. Also auf die Gehaltserhöhung hoffen, aber trotzdem immer schön ein paar Euro zurücklegen. Und wie schätzt Tali Sharot ihre persönlichen Risiken ein? "Na ja", sagt sie, "ich formuliere es mal diplomatisch: Das Wissen tötet die Illusion nicht." Sie fahre immer noch ohne Helm Fahrrad. "Aber immerhin mache ich mir ein bisschen mehr Sorgen darüber als früher."

  • Cor ne edito, "Iss nicht dein Herz"Datum19.05.2014 00:03
    Blog-Artikel von andreas.eick

    Facebook und WhatsApp führen zu einer Kultur der Einsamkeit

    Vor 400 Jahren schrieb der englische Philosoph, Politiker und Jurist Francis Bacon einen Essay mit dem Titel "Von der Freundschaft", der in Wahrheit von der Einsamkeit handelt. Genauer gesagt handelt er von jener besonders brutalen Form der Einsamkeit, bei der man nicht allein in seinem Kämmerlein sitzt, sondern sich unter lauter fremden Menschen aufhält. "Denn eine Menge ist keine Gesellschaft, und Gesichter sind nichts als eine Galerie von Porträts, und Unterhaltungen sind nur ein tönend Erz, wo du der Liebe nicht hast. Das lateinische Sprichwort drückt es in aller Kürze so aus: magna civitas, magna solitudo; denn in einer großen Stadt leben die Freunde weit verstreut, sodass man dort nicht jene Kameradschaft findet, die es, jedenfalls meistens, in kleineren Wohngebieten gibt."

    Von Facebook konnte Francis Bacon nichts wissen, und doch hat er das Dilemma dieser Erfindung des Internetzeitalters treffend erfasst. Magna civitas, magna solitudo – je größer die Gemeinschaft, desto mehr wächst paradoxerweise auch die Einsamkeit. Und mittlerweile umfasst die Civitas den ganzen Planeten: Mancher Facebook-Nutzer ist elektronisch mit Leuten verbandelt, die weit verstreut in China, dem Iran, Rumänien und Kanada leben – und die er wahrscheinlich nie in seinem Leben treffen wird. Und wo du der Liebe nicht hast, sind all jene "Facebook Friends" nichts als eine Galerie der Porträts, die sie auf ihre Seiten stellen. Das Problem wird bestimmt nicht geringer werden, nachdem Mark Zuckerberg, der Gründer und Chef von Facebook, jetzt für 19 Milliarden Dollar (umgerechnet beinahe 14 Milliarden Euro) Whatsapp gekauft hat.

    Diese Kleinfirma, für die nur 55 Leute arbeiten, stellt ein Anwendungsprogramm für internetfähige Mobiltelefone bereit, mit dem man beinahe kostenlos Textnachrichten, Fotos, Videos und Audiofiles versenden kann. Der Service – er wird von vielleicht 450 Millionen Menschen genutzt – verhält sich zur guten alten SMS so wie Skype zum Telefongespräch: Er macht die gängige Technik im Grunde überflüssig.

    Dass Facebook jetzt WhatsApp geschluckt hat, folgt derselben kapitalistischen Logik wie der Ankauf eines Tante-Emma-Ladens, der eine besonders gute Wurstsorte feilhält und deshalb von Kundschaft überrannt wird, durch eine Supermarktkette, die Angst vor der potenziellen Konkurrenz hat. Davor muss niemand Angst haben. Der Tante-Emma-Laden wird nicht verschwinden, er wird nur geschäftlich nicht mehr unabhängig sein. Auch die Monopolbildung muss kein Mensch ernsthaft fürchten: Bisher ist es noch keinem kapitalistischen Konzern gelungen, die Konkurrenz dauerhaft an die Wand zu drücken, dafür dreht sich die Welt viel zu schnell. Wer sich eine Liste großer Firmen vornimmt, die auch nur ein halbes Jahrhundert alt ist, wird verblüfft feststellen, dass er kaum einen Namen darauf kennt.

    Befürchten muss man vielmehr etwas anderes: die Kultur der Einsamkeit, die sich mit Facebook und WhatsApp durchsetzen könnte. Vor Kurzem lief in den amerikanischen Kinos ein Science-Fiction-Film, der einfach nur "Her" hieß, also "Sie". Er handelte von einem Schlemihl mit dem komischen Namen Theodore Twombly, der sich in eine Frau mit der rauchig-verführerischen Stimme von Scarlett Johansson verliebt. Er tanzt mit ihr, singt und spielt ihr Lieder auf seiner Ukulele vor, begleitet sie an den Strand, lässt sich von ihr lächelnd und mit geschlossenen Augen über einen Jahrmarkt führen, erkundet ihre Sinnlichkeit. Freilich nur mit seiner Stimme, denn das Ganze hat einen Schönheitsfehler: Diese Frau existiert gar nicht. "Sie" ist ein Computerprogramm und wohnt in einem winzig-superschlauen Mobiltelefon, das Theodore Twombly ständig in der Brusttasche mit sich spazieren trägt. Jeder seiner Versuche, mit einer Frau aus Fleisch und Blut ins Bett zu gehen, geht auf so komische wie schreckliche Weise schief. "Sie", das körperlose Computerprogramm, bleibt also die einzige Seelenverwandte des Antihelden, und so sehen wir ihn mutterseelenallein durch eine postmoderne Stadtlandschaft tänzeln: ein herzzerreißender Albtraum im Rosarot der Idylle.

    "Der Vergleich des Pythagoras ist dunkel", schrieb Francis Bacon vor 400 Jahren, "aber er ist wahr: Cor ne edito, ,Iss nicht dein Herz'. Denn ganz gewiss sind – um es mit einem harten Wort zu sagen – jene, die keine Freunde haben, denen sie sich öffnen können, Kannibalen ihrer eigenen Herzen." Freilich zwingt uns niemand, dass wir uns der modernen Technik ausliefern. Wir haben die Freiheit, unsere Laptops zu deckeln, wir können unsere Mobiltelefone ausschalten (oder wenigstens leise stellen) und uns Leuten zuwenden, die gerade wirklich da sind. Cor ne edito. Friss nicht dein eigenes Herz in Einsamkeit.

  • Die teuersten Auto-FlopsDatum24.09.2013 22:36
    Blog-Artikel von andreas.eick

    Smart Fortwo: 3,35 Milliarden Euro Verlust

    Preis in Euro: 9000, Serie von 1997 bis 2006, Verkaufte Fahrzeuge: 749.304

    Fiat Stilo: 2,1

    Preis in Euro: 12.000, Serie von 2001 bis 2009, Verkaufte Fahrzeuge: 769.395

    VW Phaeton: 1,99

    Preis in Euro: 70.000, Serie von 2001 bis 2012, Verkaufte Fahrzeuge: 71.016

    Peugeot 1007: 1,89

    Preis in Euro: 12.000, Serie von 2004 bis 2009, Verkaufte Fahrzeuge: 123.256

    Mercedes A-Klasse: 1,44

    Preis in Euro: 17.000, Serie von 1997 bis 2004, Verkaufte Fahrzeuge: 1.187.085

    Bugatti Veyron: 1,70

    Preis in Euro: 1.000.000, Serie von 2005 bis 2013, Verkaufte Fahrzeuge: 369

    Jaguar X Type: 1,70

    Preis in Euro: 22.000, Serie von 2001 bis 2009, Verkaufte Fahrzeuge: 362.806

    Renault Laguna: 1,54

    Preis in Euro: 16.000, Serie von 2006 bis 2012, Verkaufte Fahrzeuge: 433.965

    Audi A2: 1,32

    Preis in Euro: 20.000, Serie von 2000 bis 2005, Verkaufte Fahrzeuge: 176.205

    Renault Vel Satis: 1,19

    Preis in Euro: 30.000, Serie von 2001 bis 2009, Verkaufte Fahrzeuge: 64.018

  • Blog-Artikel von andreas.eick

    Ich liebe meine Arbeit. Ohne sie könnte ich nicht leben. Oft stehe ich frühmorgens auf, um schon mal was wegzuschaffen. Und am liebsten arbeite ich an Wochenenden oder im Urlaub, da habe ich am meisten Zeit. Bin ich ein Workaholic, ein Karrierist, ein Süchtiger, womöglich am Rande des Burn-out? Nichts von alledem. Meine Arbeit ist mir wichtig, sie macht mir Spaß, sie füllt mich aus. Es geht mir auch ums Geld. Aber nicht in erster Linie. Vor allem liebe ich das, was ich tue.

    Meine Arbeit fordert mich heraus. Sie erweitert meine Fähigkeiten, sie führt mich an meine Grenzen. Der Job bringt mich mit interessanten Menschen zusammen, die ich sonst nie kennenlernen würde. Meine Arbeit bildet mich, sie formt meinen Charakter, meine Persönlichkeit. Sie macht mich zu dem, der ich bin.

    In meinem Leben hatte ich schon viele Jobs. Gut und schlecht bezahlte, erfüllende und sinnlose, leitende und untergeordnete, körperlich anstrengende wie intellektuell fordernde Jobs. Ich habe erlebt, wie es ist, monatelang auf Aufträge zu warten. Wie es ist, wenn plötzlich die EC-Karte gesperrt wird. Wenn man allein zu Hause sitzt und keine Anrufe kommen, keine Mail. Wenn man das Gefühl hat, für die Welt da draußen nicht mehr existent zu sein. Wenn man arbeiten will und nicht kann.

    Heute bin ich Chefredakteur eines Philosophiemagazins – und könnte mir keinen schöneren und erfüllenderen Job vorstellen. Dabei arbeite ich mehr als je zuvor. Genau genommen tue ich gar nicht sehr viel anderes. Und doch fühle ich mich weder krank noch erschöpft, geschweige denn ausgebrannt. Ganz im Gegenteil. Meine Arbeit fühlt sich gut und richtig an, sie motiviert mich Tag für Tag, sie bringt mich voran.

    Workaholics sind von gestern

    Das Gejammer über die Zumutungen der Arbeit kann ich nicht mehr hören. "Work-Life-Balance", so lautet die Losung der Stunde. Schluss mit der Maloche, mit Arbeitswut und protestantischer Askese: Der Job ist nicht alles. Wir müssen das Leben vor der Arbeit retten, unsere Seelen vor dem Burn-out. So ist die Stimmungslage, der man sich kaum noch entziehen kann: Workaholics sind von gestern. Bloß nicht Arbeit und Freizeit vermischen. Gerne zeichnet man das Bild vom Hamsterrad, in das uns die Profitgier zwingt.

    Unser Verhältnis zur Arbeit ist zutiefst paradox. Einerseits brauchen wir sie, um unseren Lebensunterhalt zu verdienen und unseren Wohlstand zu sichern. Andererseits empfinden wir sie oft als Mühe und Last. In vielfacher Hinsicht war Arbeit noch nie so gut wie heute. Und doch scheint es uns, als wäre sie schlimmer und trostloser denn je.

    Work-Life-Balance, die Trennung von Arbeit und Leben, ist "Bullshit" – eine leere Formel, die uns in die Irre führt. Dahinter steht die konfuse Vorstellung, dass "Arbeit" und "Leben" verschiedene Dinge wären. Das ist schon begrifflicher Unsinn: Arbeit gehört zum Leben. Das ist eine Tatsache, ob sie uns passt oder nicht. Ohne zu leben, könnten wir gar nicht arbeiten. Also kann es auch keine "Balance" geben, keinen Ausgleich zwischen Leben und Arbeit.

    Genieße deine Arbeit!

    Ein Leben, eine Welt ohne Arbeit ist nichts, was wir wünschen sollten. Es wäre eine langweilige Welt, reich an verfügbarer Zeit, doch arm an Herausforderungen. Mir graut vor einer Gesellschaft, in der die Menschen vor lauter Zeit nicht wissen, wo sie hinsollen mit ihrem Leben. Ich möchte nicht in einer Gesellschaft von Müßiggängern leben, in der jeder nur das tut, wonach ihm der Sinn steht. Wer von einer Welt ohne Arbeit schwärmt, der muss erst einmal erklären, was die Menschen dann mit ihrer Zeit anfangen werden.

    Es ist ein Irrtum zu denken, dass uns Freizeit glücklicher macht als die Arbeit. Freie Zeit ist kein Wert an sich. Wir machen sie zu einem Wert, indem wir sie sinnvoll nutzen. Richtig verstandene "Work-Life-Balance" hieße also nicht, einfach die Freizeit auszudehnen, sondern Arbeit wie Freizeit an unsere Bedürfnisse anzupassen. Wir brauchen Arbeit, die wir genießen können – und wir dürfen unsere Freizeit nicht vergeuden.

    Die Freizeit- und Mußegesellschaft ist ein aristokratisches Ideal. Sie ist nicht das Ideal einer demokratischen Gesellschaft. Arbeit ist eng verbunden mit unserem Selbstverständnis. Wir identifizieren uns mit unserer Arbeit, wir ziehen daraus Befriedigung und Lust, wir arbeiten gern mit anderen zusammen. Das Arbeitsleben formt einen wesentlichen Teil unserer Identität. Und wir teilen es mit den meisten anderen Bürgern. Wer die Arbeit verachtet, verachtet auch die arbeitenden Menschen.

    Ein neues Verständnis von Arbeit ist nötig

    Keine Frage: Arbeit kann unangenehm, sinnlos, entfremdet, ja entwürdigend sein. Aber es gibt auch entfremdete und entwürdigende Arten, seine "Freizeit" zu verbringen. Sicher: Der Job kann unglücklich machen. Aber unglücklich kann man auch aus ganz anderen Gründen sein. Und am unglücklichsten sind meist jene, die überhaupt keine Arbeit haben.

    Was wir brauchen, das ist ein neues Verständnis von Arbeit, das frei ist von ideologischen Vorurteilen. Ich argumentiere für eine "Arbeitsbewegung", die nicht auf einem dubiosen Klasseninteresse gründet, sondern auf dem Anspruch auf gute Arbeit. Schlechte Arbeit sollten wir nicht akzeptieren, weder als Individuen noch als Gesellschaft. Gegen schlechte Arbeit müssen wir aufbegehren.

    Wir brauchen keine Heerscharen von Motivationstrainern und Coachs, die ihr Geld damit verdienen, schlechte Arbeit erträglich zu machen – zum Beispiel mit besserer "Work-Life-Balance". Was wir brauchen, das ist sinnvolle, gute Arbeit, die uns weiterbringt im Leben. Wir sollten die Arbeit nicht kaputtreden, sondern sie verändern. Das ist die eigentliche, zentrale gesellschaftliche Herausforderung. Da sind Politik und Wirtschaft gefragt. Und es ist eine Herausforderung für jeden Einzelnen von uns.

    Wenn wir Selbstbestimmung wollen, müssen wir auch bereit sein, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Die wahre Revolution geht von Menschen aus, die selbstbestimmt genug sind, ihr Recht auf sinnvolle, erfüllende Arbeit einzufordern – und die bereit sind, ihren eigenen Beitrag dazu zu leisten. Machen wir uns also an die Arbeit.

    Thomas Vašek, geboren 1968 in Wien, ist Chefredakteur des neuen philosophischen Magazins "Hohe Luft" und Buchautor. Thomas Vašek lebt in München.

  • Blog-Artikel von andreas.eick

    Ausgebrannt. Burned out. Da stellt man sich einen leistungsbereiten und erfolgreichen Lenker und Leiter vor, der für seine Sache so sehr brennt, dass er irgendwann einfach keinen Brennstoff mehr hat. Kein Wunder also, dass der Begriff Burnout, obwohl keine medizinische exakte Diagnose, so populär ist. Ausgebrannt durch Arbeit, das kommt in einer Gesellschaft, die nur noch Leistung als zentrales Kriterium für Status akzeptiert, als Grund für einen seelischen Zusammenbruch besser an als eine medizinisch exakt diagnostizierbare Depression.

    Sie haben den falschen Job, wenn...

    1.Qual...
    ....Sie sich jeden Morgen aus dem Bett quälen,
    (Quelle: Angelika Gulder, „Finde den Job, der dich glücklich macht“)

    2.Vorfreude...

    ...Sie sich am Montag schon aufs nächste Wochenende freuen,

    3.Leere...
    ...ein wachsendes Gefühl von innerer Leere und Sinnlosigkeit in sich und in dem, was Sie tun, spüren,

    4.Träumen...
    ..im Büro von den Dingen träumen, die Sie lieber täten, als im Büro zu sitzen,

    5.Urlaub...
    ...nur für Ihren nächsten Urlaub arbeiten und frustriert mit anderen über Ihre aktuelle Tätigkeit sprechen,

    6.Persönlichkeit...
    ...nur "Ihren Job" machen und ein deutliches Verlangen spüren, anderen Anteilen Ihrer Persönlichkeit mehr Raum zu geben,

    7.Unterfordert...
    ...sie sich beruflich unterfordert fühlen, aber aus Angst, keine neue Stelle zu finden, in Ihrem Job nur Ihre Zeit absitzen.

    Ulrich Hegerl, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Leipzig, vermutet, dass 80 Prozent der angeblich Ausgebrannten an einer Depression leiden. Aber depressiv, zu Deutsch „niedergedrückt“, ist ein Opfer. Oder in Jelzins Worten: eine armselige kleine Flamme. Das will man nicht sein. Dann schon lieber völlig ausgebrannt, wie ein Macher. Doch das Burnout als Krankheit der Macher und Manager ist eine Legende.
    Die Realität der arbeitsbedingten psychischen Erkrankungen ist eine andere. Durch Arbeit krank werden nicht so sehr die Führer als vielmehr die Geführten. Genauer gesagt die schlecht Geführten. Nicht die Arbeitslast allein, sondern vor allem die Unfreiheit beim Arbeiten macht krank.
    Es ist der fremdbestimmte, oder sich zumindest so fühlende Untergebene, der unter der Arbeit so leidet, dass er davon krank wird. Nicht der selbstbestimmt arbeitende, vielleicht etwas übereifrige Entscheider. Wenn wir von einer psychischen Volkskrankheit durch Arbeit sprechen wollen, die in den Gesundheitsreports der Krankenkassen deutlich erkennbar ist, dann sollten wir also das Bild des von seiner Verantwortung und schieren Arbeitsmenge belasteten Chefs austauschen gegen das Bild des von unpassenden Arbeitsbedingungen, einengenden Vorgaben und überzogenen Erwartungen drangsalierten Untergebenen.

    Fehlende Freiheit macht krank

    Das bekannteste Modell zur Erklärung von Arbeitsstress und dadurch bedingten psychischen Störungen stammt von dem Soziologen Robert Karasek: Die Gefahr liegt nicht allein in hohen Arbeitsanforderungen und auch nicht nur im fehlendem Handlungsspielraum, sondern sie steigt bei einer Kombination von beidem.
    Andreas Seidler, Direktor des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin an der Technischen Universität Dresden, hat in einem internationalen Kooperationsprojekt über 4000 Studien zu seelischen Krankheiten und Arbeitsbedingungen gesichtet: „Die Ergebnisse unserer systematischen Auswertung zeigen eine klaren Zusammenhang zwischen den psychosozialen Arbeitsbedingungen und dem Ausbruch von Burnout, depressiven Beschwerden bis hin zu einer schweren Depression."

    In acht Schritten zum Burn-Out

    Erster Schritt
    Es beginnt alles mit dem Wunsch, sich zu beweisen. Dieser aber treibt einen in den Zwang, sich noch mehr anzustrengen, noch mehr zu leisten bzw. es allen recht zu machen. Man nimmt jeden Auftrag an, sagt immer seltener Nein. Jettet von Termin zu Termin. Und nimmt abends Arbeit mit nach Hause.
    (Quelle: Lothar Seiwert, Zeit ist Leben, Leben ist Zeit)
    Zweiter Schritt
    Man nimmt seine eigenen Bedürfnisse nicht mehr wahr. Schläft zu wenig, isst hastig oder gar nichts. Sagt den Kinobesuch mit Freunden ab.
    Dritter Schritt
    Man missachtet die Warnsignale des Körpers, wie Schlafstörungen, Verspannungen, Kopfschmerzen, hoher Blutdruck, flaches Atmen, Konzentrationsschwäche.
    Vierter Schritt
    Um wieder funktionieren zu können, greifen manche zu Drogen wie Schmerzmitteln, Schlaftabletten, Alkohol, Aufputschern.
    Fünfter Schritt
    Das eigene Wertesystem verändert sich. Die Freunde sind langweilig, der Besuch mit dem Kollegen im Café verschwendete Zeit. Die Probleme mit dem Partner oder Familie nimmt man einfach nicht mehr wahr. Man zieht sich zurück aus gesellschaftlichen Kontakten. Und endet oft in völliger Isolation.
    Sechster Schritt
    Die Persönlichkeit verändert sich. Alles dreht sich nur noch darum, zu funktionieren, zu arbeiten. Gefühle und Emotionen werden verdrängt. Man verliert den Humor, reagiert mit Schärfe und Sarkasmus, empfindet Verachtung für Menschen, die das Faulsein genießen. Man verhärtet.
    Siebter Schritt
    Man verliert das Gefühl für die eigene Persönlichkeit. Spürt nur noch Gereiztheit, Schmerzen, Erschöpfung, Überlastung, Angst vor einem Zusammenbruch. Und sonst nichts mehr. Keine Freude, keine Fröhlichkeit, keine Neugierde. Der Mensch funktioniert wie eine Maschine. Die Seele erstarrt.
    Achter Schritt
    Die wachsende innere Leere, genährt von dem Gedanken "Wenn ich nicht arbeite, was bin ich dann?", führt zur Depression, zur völligen Erschöpfung, zum Zusammenbruch, zum Ausgebranntsein.

    Und es zeigte sich, dass entsprechend dem Karasek-Modell insbesondere die Kombination von hohen Arbeitsanforderungen und niedrigem Tätigkeitsspielraum die mentale Gesundheit gefährdet. Aber Seidler und Kollegen konnten in der Meta-Analyse auch einen statistischen Zusammenhang für beide Komponenten finden, getrennt voneinander. „Ich würde also nicht sagen, dass die Anforderungen unendlich hoch sein können, ohne dass das zu psychischen Erkrankungen führt, wenn nur genug Handlungsspielraum vorhanden ist", sagt Seidler. „Wir haben festgestellt, dass hohe Arbeitsanforderungen ebenso wie geringer Tätigkeitsspielraum das Risiko einer Depression um jeweils 20 Prozent oder mehr steigern.“

    Vorbeugung lohnt sich

    Wenn schon nicht der gesunde Menschenverstand oder das Verantwortungsgefühl die Vorgesetzten für das psychische Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter sensibilisiert, dann können es vielleicht ganz handfeste Zahlen: In einer Umfrage mit 1.400 Angestellten eines Telekommunikationskonzerns konnte Schulze feststellen, dass es in der Abteilung mit dem besten Person-Environment-Fit im Jahr der Untersuchung keinen einzigen Krankheitsfall gab und die Fluktuationsrate unter den Mitarbeitern gleich null war.
    Arbeitgeber tun also nicht nur ihren Beschäftigten etwas Gutes, wenn sie psychischen Erkrankungen vorbeugen, sondern auch ihrer eigenen Bilanz: "Studien belegen einen Return on Investment für die betriebliche Gesundheitsförderung zwischen drei und fünf Euro pro investiertem Euro", sagt Nicole Scheibner, Psychologin und Geschäftsführerin der Beratungsfirma StatEval. Und da sind noch nicht einmal die indirekten Effekte einer betrieblichen Gesundheitsförderung einbezogen: Die Identifikation der Beschäftigten mit dem Arbeitgeber steigt, das Betriebsklima verbessert sich. Und das bedeutet, dass die Mitarbeiter eben nicht innerlich und schon gar nicht tatsächlich kündigen, sondern sich stärker engagieren.
    So delegieren Sie richtig!
    Übertragen Sie Kompetenz
    Übertragen Sie klar abgegrenzte Aufgaben...
    Übertragen Sie Verantwortung
    Überlegen Sie immer zuerst,...
    Und was lässt sich delegieren?

    Wichtig
    Was kann der Chef konkret tun, um für die psychische Gesundheit seiner Untergebenen sorgen? Beate Schulze: „Das erste ist: Lerne deine Mitarbeiter gut kennen. Interessiere dich für sie - nicht nur für ihre Arbeitsergebnisse. Damit hat man schon eine wichtige Information für die Führung: Wie ticken sie, was brauchen sie, was sind ihre Talente?"
    Mit diesem Wissen fällt es sehr viel leichter, für einen Person-Environment-Fit bei der Arbeit zu sorgen, also den richtigen Mitarbeiter an der richtigen Stelle einzusetzen, so dass die Bedürfnisse, Fähigkeiten und Werte des Mitarbeiters im Einklang mit den Möglichkeiten und Anforderungen des Jobs und den in der Organisation gelebten Werten stehen.

    Generell sollte jeder Personalverantwortliche seinen Mitarbeitern so viel Handlungsspielraum zugestehen, wie sie brauchen. Schulze: „Die Stressforschung hat gezeigt, dass sich ein optimaler Handlungsspielraum positiv auswirkt. Für viele Menschen besteht dieser zwar in der Stellenbeschreibung. Im Alltag befindet man sich jedoch häufig in einer komplexen Entscheidungs-und Bewertungskonstellation. Dadurch kann sich ein Gefühl der Fremdbestimmtheit entwickeln, dem es entgegen zu wirken gilt."

    Auf Wertschätzung kommt es an
    Immer wichtiger werde in der modernen Arbeitswelt die Wertschätzung, die jeder Mitarbeiter von Vorgesetzten erfährt, glaubt Schulze. Das liege daran, dass mancher nicht überblicken kann, was seine Tätigkeit zu dem Ergebnis beiträgt, an dem er nachher gemessen wird. „Dabei kommt es auf die Form der Anerkennung an", sagt Schulze. „Eine ritualisierte Kommunikation, also etwa eine überschwängliche Rede auf der Weihnachtsfeier, bringt nicht viel, wenn es vorher im Alltag an konkreten Rückmeldungen gefehlt hat, die zeitnah das individuelle Engagement würdigen."

    Was ist wichtig, was ist dringend?

    >Wichtig und dringend
    Handelt es sich um eine kritische Situation, die sofortiges Handeln erfordert, um Schlimmes zu verhindert oder um Verluste zu begrenzen? Dann ist das Problem wichtig und dringend zugleich und muss meist selbst in die Hand genommen und gelöst werden.
    (Quelle: Lothar Seiwert, Zeit ist Leben, Leben ist Zeit)

    >Unwichtig, aber dringend
    Handelt es sich um drängende Geschäfte, die aber nicht unbedingt wichtig sind? Meist geht es dabei um terminierte Routineaufgaben und Verwaltungsakte, um nicht wenige Telefonate und Konferenzen, die man reduzieren und delegieren kann.

    >Weder wichtig noch dringend
    Viele Beschäftigungen sind bei genauerer Betrachtung weder wichtig noch dringend. Sie kann man guten Gewissens eliminieren - das heißt: Ab in den Müll.

    >Wichtig, aber nicht dringend

    Ziele setzen, die Zukunft planen, Werte definieren, Projekte vorbereiten, Problemen vorbeugen, sich und seine Mitarbeiter entwickeln, die Beziehung zu Menschen verbessern, sich wirklich erholen: Hier befinden Sie sich im Bereich des Wichtigen. Diese Zone ist ständig gefährdet, weil solche Tätigkeiten immer wieder durch das Dringende verdrängt werden - bis sie selbst akut problematisch werden und nur noch weit unterhalb unserer Möglichkeiten erledigt werden.

    Und schließlich sollten Kollegen und Vorgesetzte vorbeugend aufmerksam sein, Frühwarnzeichen psychischer Belastungen wahrnehmen und ansprechen, bevor der Krankenschein auf dem Schreibtisch landet. Eines der wichtigsten Frühwarnzeichen wird oft übersehen, warnt Schulze: „Zu Beginn eines Burnouts steigern die Betroffenen ihr Engagement. Sie merken, dass sie an eine Grenze kommen, wollen es aber der Umwelt nicht zeigen." Ein anderes Indiz ist, wenn Mitarbeiter stiller werden, sich zurückziehen, in Ruhe gelassen werden wollen. Dann sollte man das Gespräch suchen - und zwar ohne Vorwürfe.

    Die Forderung von Andreas Seidler, psychische Belastungen am Arbeitsplatz konsequent erfassen und beurteilen zu lassen, so wie so wie es für Gefahrstoffe ja schon seit Längerem gesetzlich vorgeschrieben ist, sollte für Unternehmen, die als Arbeitgeber eine Zukunft haben wollen, keine Drohung sein.

  • Blog-Artikel von andreas.eick

    Mario Vargas Llosa hat eine gallige Polemik gegen die Kultur von heute geschrieben. Jetzt erklärt er, wie es zur allgemeinen Zerstreuung kam und ruft die Intellektuellen zu mehr Selbstbewusstsein auf.

    Wer die Wohnung von Mario Vargas Llosa in Madrid betritt, trifft auf einen eleganten Gentleman alter Schule, der Hauspersonal beschäftigt, das die Mineralwassergläser auf Untersetzer stellt. Der einstige Linksutopist hat sich in den letzten Jahren zu einer kulturkonservativen Kassandra gewandelt, die "sehr bezweifelt, dass die Leser von Romanen und Gedichten in Spanien die Tribünen von Real Madrid füllen können".

    Welt am Sonntag: Ihr Freund Günter Grass fiel nach der Verleihung des Literaturnobelpreises in eine schwere Depression. Haben Sie ähnliche Nebenwirkungen bei sich beobachtet, als Sie vor drei Jahren den Preis bekamen?

    Mario Vargas Llosa: Nein, aber ich kann verstehen, dass Günter sich unter enormem Druck fühlte. Den Nobelpreis zu bekommen ist eine Woche lang ein Märchen – und dann ein Jahr lang ein grotesker Albtraum. Sie sollen zu allen Buchmessen dieser Welt fliegen, zig Ehrendoktorwürden entgegennehmen und auf endlosen Lesetouren zahllose Interviews geben. Man findet keine Ruhe zum Schreiben und fühlt sich wie ein Taucher, dem seine Sauerstoffflaschen gestohlen wurden. Ein Schriftsteller soll auf ein leeres Blatt Papier schauen. Meine Lektion war, dass Einsamkeit das Grundnahrungsmittel für unsereins ist.

    Welt am Sonntag: Ihr jüngstes Buch "Alles Boulevard" ist eine Fundamentalkritik der zeitgenössischen Kultur. Sie polemisieren gegen die "Schwindelware" von Damien Hirst, gegen die "albernen Fummel" von John Galliano und betrauern die Entmachtung der intellektuellen Eliten. Was gibt Ihnen das Gefühl, in einer kulturellen Trümmerlandschaft zu leben?

    Vargas Llosa: Was ich für Kultur halte, ist in den vergangenen fünfzig Jahren weitgehend verschwunden. Heute herrscht eine globale Zerstreuungskultur, die mit ihren frivolen Banalitäten den Alltag der Menschen schmieren soll. Das Bild ersetzt die Schrift, Gefühle sind wichtiger als Gedanken. Diese Light-Kultur hat weder Substanz noch Würde. Sie ist konformistisch und dient nur noch dem Zeitvertreib. Wörter wie Ideal, Brüderlichkeit, Schöpfung, Seele bedeuten nichts mehr. Damit wird zerstört, was unserer Zivilisation Sinn, Inhalt und Ordnung gibt.

    Welt am Sonntag: Ist es für Sie ein Frevel, dem Einerlei des Alltags mit einem Roman von Dan Brown entkommen zu wollen?

    Vargas Llosa: Ich postuliere nicht, dass Kultur einen in lähmende Verzweiflung stürzen soll. Ein Roman wie "Don Quijote" ist großartige Unterhaltung. Man sollte aber nicht verschweigen, dass Kultur ohne Bildung nicht zu haben ist, und Bildung bedeutet Anstrengung, Konzentration, Reflexion und Hingabe. Ein Sonett von Shakespeare mutet heute so exzentrisch an wie die scholastischen Dispute des Mittelalters über das Geschlecht der Engel.

    Welt am Sonntag: Ignorieren Sie bei Ihrer Schwarzseherei nicht, dass im Fernsehen neue Formen ...

    Vargas Llosa: Entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche, aber ich weiß bereits, was jetzt kommt. Sie wollen mir Serien wie "The Wire" vorhalten. Deren Erzählkunst ist in der Tat höchst beeindruckend. Aber warum mit Ausnahmen von der Regel argumentieren? "The Wire" ist eine winzige Insel in einem Ozean der Verblödung. Und was das Deprimierendste ist: Die Einschaltquoten waren alles andere als beeindruckend. Auch "The Wire" beweist am Ende nur, dass Hochkultur eine Enklave von Minderheiten geworden ist.

    Welt am Sonntag: Ein Vierzehnjähriger von heute erreicht über Facebook mehr Zeitgenossen als Cäsar vom Kapitol aus auf dem Höhepunkt seiner Macht. Welche Folgen wird das haben?

    Vargas Llosa: Medien wie Facebook und Twitter befördern es, dass auch Durchschnittsmenschen einen Persönlichkeitskult um sich entwickeln. Das delphische Gebot lautete: Erkenne dich selbst. Heute geht es darum, sich neu zu erfinden. Nicht die Begegnung mit sich selbst wird gesucht, sondern ein Idol, dem man ähnlich werden will. Die Folgen sind fatal. Das Leben wird nicht länger gelebt, sondern nur noch dargestellt, so wie ein Schauspieler eine Rolle verkörpert.

    Welt am Sonntag: Der deutsche Philosoph Peter Sloterdijk schrieb kürzlich: "Wo früher das Volk war, gibt es jetzt das Celebretariat, bestehend aus latent Berühmten, denen zu ihrem Glück vermeintlich nichts fehlt, außer dass sie entdeckt werden müssten." Warum ist Berühmtheit zum Lebensziel geworden?

    Vargas Llosa: Zum einen weil Ruhm heute gleichbedeutend ist mit Reichtum, zum anderen weil der Irrglaube grassiert, Berühmtheit würde die Anonymität des Massenmenschen transzendieren. Der Wunsch, kein Massenmensch zu sein, definiert heute den Massenmenschen.

    Welt am Sonntag: Der Untergang des Abendlandes wird in der Regel von älteren Intellektuellen beklagt, denen der Sprit ausgeht. Sind Sie ein Kulturpessimist?

    Vargas Llosa: Nein. Wäre ich Pessimist, würde ich mein Leben nicht dem Schreiben widmen. Wer schreibt, hat Hoffnung und glaubt an Veränderung. Es bringt mich auf, dass die alten Eliten resigniert haben. Sie sehen die Marginalisierung der Kultur als unaufhaltsam an. Dieser Fatalismus ist ein Denkfehler. Geschichte ist nicht vorherbestimmt, sondern ein leeres Blatt. Unser eigenes Tun und Lassen entscheidet darüber, was auf dieses Blatt geschrieben wird. Geschichte wird von Menschen gemacht, die die Wahl haben.

    Welt am Sonntag: Sie sind der führende Intellektuelle Ihres Kontinents. Ist der politisch engagierte Schriftsteller eine Figur von gestern?

    Vargas Llosa: Heute glänzen die Intellektuellen bei öffentlichen Debatten durch Abwesenheit. Es gibt keine Figuren mehr wie Bertrand Russell, Alberto Moravia oder Jean-Paul Sartre, die eine Instanz sind und den Rang eines öffentlichen Gewissens beanspruchen können. Die Gesellschaft hat das Interesse an den Intellektuellen verloren. Sie verkörpern Ideen, und die sind nicht länger gefragt. Gefragt sind Images und Slogans. Früher ließen sich Politiker im Wahlkampf gern mit bedeutenden Intellektuellen fotografieren. Heute würde ihnen das den Vorwurf einbringen, abgehoben und volksfremd zu sein. Deshalb suchen sie lieber die Nähe zu Fußballstars und Filmschauspielern. Der Intellektuelle ist eine obsolete Figur.

    Welt am Sonntag: Glauben nur Intellektuelle daran, dass Intellektuelle klarer sehen als andere?

    Vargas Llosa: Intellektuelle haben keinen privilegierten Zugang zur Wahrheit. Wer schöne Gedichte schreibt, kann bei seinen politischen Diagnosen ein Idiot sein. Weil so viele Intellektuelle für Diktatoren wie Hitler, Stalin und Mao eingetreten sind, haben wir unsere Glaubwürdigkeit verloren. Wie kann man auf das Wort von Leuten vertrauen, die sich in der Vergangenheit derartig blamiert haben? Wir sind Zeuge der dramatischsten Veränderungen in der Menschheitsgeschichte. Die Welt von heute hat nichts mehr gemein mit der Welt vor zwanzig Jahren. Für Intellektuelle müsste das eine ungeheuer herausfordernde und produktive Zeit sein, aber niemand glaubt noch, dass die Kultur Antworten geben kann – nicht einmal die Intellektuellen selbst glauben es.

    Welt am Sonntag: Halten Sie sich für einen politischen Schriftsteller?

    Vargas Llosa: Ja. Für mich ist Literatur ein Instrument der Wahrheitsfindung und -vermittlung. Meine Romanfiguren haben eine rebellische Einstellung zur schlechten Wirklichkeit. Sie fordern die Welt heraus. Für mich ist das ein Akt des Widerstands und der Befreiung.

    Welt am Sonntag: Stehen Sie noch zu Ihrem berühmten Satz, dass es einem moralischen Verbrechen gleichkomme, in Ländern wie denen Lateinamerikas nur ein Künstler sein zu wollen?

    Vargas Llosa: Ja. Es zählt nach wie vor zu den Aufgaben eines Schriftstellers, Gewalt durch die Macht der Worte abzulösen. In meinem Heimatkontinent haben sich die Verhältnisse in den letzten Jahren gebessert. Als ich jung war, war Lateinamerika das Reich von widerwärtigen Despoten und Generälen, die ihre Länder systematisch ausplünderten. Heute werden nur noch wenige Staaten totalitär regiert, und in Ländern wie Brasilien, Kolumbien und Chile prosperiert die Wirtschaft.

    Welt am Sonntag: Kennen Sie einen Intellektuellen, der als Politiker glücklich geworden ist?

    Vargas Llosa: Václav Havel war ein effizienter Staatspräsident, und man hatte nicht den Eindruck, dass ihn sein Amt unglücklich machte. Jorge Semprún hat als Kulturminister in Spanien gute Arbeit geleistet und war am Ende seiner Amtszeit kein gebrochener Mann. Es ist also kein unumstößliches Gesetz, dass Künstler, die in die Politik gehen, unglückliche Versager werden. Es gibt allerdings ein strukturelles Problem: Intellektuelle haben kein Talent, Konzessionen und Kompromisse zu machen. Ihr Wesenskern ist die Treue zu ihren Überzeugungen. Deshalb versagen die meisten von uns, sobald sie sich ins politische Gehege begeben.

    Welt am Sonntag: Haben Sie mal an die Revolution geglaubt?

    Vargas Llosa: Ja. Als junger Mensch trieb mich der Hunger nach politischer Romantik. Ich sehnte mich nach Hingabe, Askese, Risiko und stürmischer Tat. Ich habe dem Linksutopismus abgeschworen, als ich in den Siebzigerjahren die Bücher des Sozialphilosophen Karl Popper zu lesen begann. Popper war mein Erweckungserlebnis. Das hat mich aber nicht zum Reaktionär gemacht.

    Welt am Sonntag: Sie sind 1987 für drei Jahre in die Politik gegangen, weil Sie in Ihrem Heimatland Staatspräsident werden wollten. Was trieb Sie zu diesem Entschluss?

    Vargas Llosa: Peru bot damals ein apokalyptisches Bild. Guerillabewegungen wie "Leuchtender Pfad" ermordeten Tausende Menschen, es gab Hyperinflation, Korruption und riesige Staatsfirmen, die vollkommen unfähig waren. Das wollte ich ändern. Wahrscheinlich hielt mein Unterbewusstsein Politik für ein erregendes Abenteuer. Auch der Reiz der Tat mag ein Motiv gewesen sein. Etwas in mir wollte mehr bewegen als den Stift übers Papier.

    Welt am Sonntag: Was haben Sie in Ihren Jahren als Politiker über sich gelernt?

    Vargas Llosa: Dass ich als Politiker völlig untauglich bin. Vom Schreibtisch eines Schriftstellers aus wirkt Politik nicht allzu schwierig, aber wie man das Romanschreiben lernen muss, muss man Politik lernen. Ich fühlte mich als Laiendarsteller in einem Medientheater und musste begreifen, dass das Fernsehen das wichtigste Instrument in einem Wahlkampf ist. Sie können die hehrsten Ideen haben, aber sobald es an ihre Verwirklichung geht, sind Sie in Intrigen, Verschwörungen, Paranoia, Verrat und Abgründe an Schmutz und Niedertracht versponnen. Wenn ich eins über den Morbus der Politik gelernt habe, dann dies: Der Kampf um die Macht lockt die Bestie in uns hervor. Was den Berufspolitiker wirklich erregt und antreibt, ist das maßlose Verlangen nach Macht. Wer diese Obsession nicht hat, wird der kleinlichen und trivialen Praxis der Politik angeekelt den Rücken zukehren.

    Welt am Sonntag: Haben Sie den Kitzel der Macht gespürt?

    Vargas Llosa: Nein. Seit meinen Kindertagen flößt Macht mir Misstrauen ein. Das liegt an meinem gewalttätigen Vater, dessen Schatten ich wohl nie loswerde. Aus Opposition gegen seine Tyrannei bin ich das geworden, was er am meisten verachtete: Schriftsteller.

    Welt am Sonntag: Sie wurden im Wahlkampf mit Eiern bombardiert, mit stinkender roter Farbe übergossen und mit brennenden Autoreifen beworfen.

    Vargas Llosa: Als ich in die Politik ging, lebte ich in einem Holzhaus. Ein einziger Molotowcocktail hätte genügt, mein Archiv in Flammen aufgehen zu lassen. Seither schicke ich meine Papiere zur Universität Princeton in New Jersey. Das Schlimmste war, dass ich bis zu fünfzehn Leibwächter haben musste. Wenn ich ins Kino wollte, setzte ich mir eine Perücke auf und schlich in den Saal, wenn der Film schon begonnen hatte. Ich hatte meine Freiheit verloren.

    Welt am Sonntag: Als Sie im zweiten Wahlgang gegen Alberto Fujimori unterlagen, zogen Sie nach Europa.

    Vargas Llosa: Ich fühlte mich gleichzeitig enttäuscht und befreit. Fujimori wurde 2009 wegen des Einsatzes von Todesschwadronen und Unterschlagung zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt, ich bekam ein Jahr später den Literaturnobelpreis. Das war eine späte Genugtuung.

    Welt am Sonntag: Sie sind 77 Jahre alt. Als man Ihren Kollegen Philip Roth mit 78 fragte, was er als Nächstes schreiben wolle, antwortete er: "Ich habe mein gesamtes Leben dem Romanschreiben gewidmet. Jetzt will ich damit nichts mehr zu tun haben. Das war's."

    Vargas Llosa: Glauben Sie niemals einem Schriftsteller, der sagt, er werde nichts mehr schreiben. Ich habe derartige Gelübde meiner Kollegen zu oft gehört. Wer so gut schreiben kann wie Roth, kann gar nicht aufhören, auch wenn er sich selbst den Befehl dazu erteilt. Denken Sie nur an den Schwur von Gabriel García Márquez, nichts mehr zu schreiben, bis der Diktator Augusto Pinochet seine Macht abgibt. Als Márquez ein Jahr später einen neuen Roman veröffentlichte, war Pinochet immer noch Herr über Chile. Wir Schriftsteller sind Hysteriker und halten uns nie an eigene Versprechen. Das gehört zu unserem Naturell.

    Sven Michaelsen

  • Blog-Artikel von andreas.eick

    Die Autopreise steigen laut Studie schneller als die Inflation

    Bei der Schätzung der Einwohner lagen die deutschen Statistiker ja gründlich daneben, aber die Zahl der zugelassenen Pkw ist ziemlich genau erfasst: 43,4 Millionen hat das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) registriert. Das bedeutet, dass statistisch gesehen deutlich mehr als die Hälfte der Einwohner über ein Auto verfügt, der eigene Wagen gehört also allen Unkenrufen zum Trotz in Deutschlands Haushalten immer noch zum Standard – allerdings zu einem, der immer teurer wird.

    Hatte 1980 ein durchschnittlicher Pkw noch 8420 Euro gekostet, waren es 1990, im Jahr der Wiedervereinigung, bereits 15.340 Euro. Im vergangenen Jahr lag der Preis schließlich bei 26.446 Euro, wie das CAR-Center an der Universität Duisburg-Essen berechnet hat. Das ist ein Preisanstieg über die gesamte Zeit von 214 Prozent. Damit liegt die Teuerung von Autos deutlich über der allgemeinen Inflationsrate. Der eigene Wagen mutiere zunehmend zum Luxusgut, klagt der Autoexperte und CAR-Chef Ferdinand Dudenhöffer.

    "Nimmt man Dacia, Smart und Fiat heraus, war hierzulande im vergangenen Jahr kein wichtigerer Autobauer mit einem Durchschnittspreis für seine Neuwagen unter 15.000 Euro im Markt", rechnet er vor. Aber diese statistischen Betrachtungen sind nur eine Seite der Medaille.

    DW
    Europäischer Automarkt in der Krise
    WAS NAVI-APPS KÖNNEN
    Handy als Navigationssystem
    Was muss das Handy können?
    Was bieten die Apps?
    Was kosten Navi-Apps?
    Wie gut sind Gratis-Apps?
    Was muss ich noch beachten?

    Autobauer
    Die Automobilbranche in den Jahren 2003 bis 2012
    Legt man die CAR-Zahlen zugrunde, kommt für den Zeitraum von 1980 bis 2012 eine jährliche Preissteigerung bei Pkw in Deutschland von 3,6 Prozent heraus. Laut Statistischem Bundesamt lag die durchschnittliche Inflationsrate im fraglichen Zeitraum in der alten und später wiedervereinigten Bundesrepublik bei 2,2 Prozent. Man könnte, was Autos angeht, von einer Preisexplosion sprechen.

    Allerdings fehlen in dieser Betrachtung zwei entscheidende Punkte. Erstens: Die allgemeine Inflationsquote bezieht sich auf den gesamten "Warenkorb", also auf alle Güter und Dienstleistungen. Nun kann man die Preise für Autos aber schlecht mit denen von Brötchen, Strom oder Friseurbesuchen vergleichen. Zum anderen haben die stark gestiegenen Autopreise zumindest einen ganz schlichten Grund: Die Fahrzeuge werden immer besser: Neue Technologien machen sie sauberer, schneller, leiser, sicherer und komfortabler.

    Statistikamt macht andere Rechnung auf

    Man kann ein Auto von 1980 nicht mit einem aktuellen Modell vergleichen, das über ABS, Airbags sowie über mehr PS verfügt, aber weniger Schadstoffe ausstößt. Niemand muss mehr die Scheiben von Hand kurbeln, im Sommer schwitzen oder verzweifelt einparken, das macht heute auf Wunsch alles die Elektronik. "Die Kunden zahlen mehr, aber sie bekommen auch mehr dafür. Und wir glauben, dass gilt auch für den Fahrspaß", sagt ein BMW-Sprecher.

    "Automobile sind in den letzten 30 Jahren deutlich sicherer, komfortabler, leistungsstärker und gleichzeitig sparsamer im Verbrauch sowie bei den Emissionen geworden", sagt Rodolfo Schoeneburg, Leiter Passive Sicherheit und Fahrzeugfunktionen bei Mercedes-Benz. Vor 30 Jahren seien beispielsweise serienmäßige Airbags, Gurtstraffer oder die heutigen Ergebnisse in Crashtests undenkbar gewesen.

    Das Statistische Bundesamt berücksichtigt diese "Qualitätsaufwertung" in seinen Zahlen. Jede signifikante Verbesserung wird mit dem höheren Preis mittels einer Formel verrechnet. Am Ende kommt Folgendes dabei heraus: Die offiziell berechnete Inflationsquote lag von der Wiedervereinigung bis 2012 bei 1,9 Prozent. Nach den Zahlen von CAR wurden Autos in diesem Zeitraum um 2,8 Prozent teurer.

    Das Bundesamt kommt mit seinem Schlüssel, der die Produktaufwertung berücksichtigt, nur auf 1,3 Prozent Teuerung – die Preise für Pkw sind also zwar deutlich höher als vor 20 oder 30 Jahren. Bezieht man allerdings mit ein, dass man heute mehr Auto und bessere Qualität bekommt, ist er geringer gestiegen als der für das Gros der Produkte im Land. "Benzin, Brötchen oder Friseurbesuche sind auch deutlich teurer geworden, und merken Sie da etwas von besserer Qualität?", unkt ein Auto-Manager.

    Konzerne produzieren in Deutschland

    Nun könnte man die Autobauer gut mit der IT-, Unterhaltungselektronik- oder der Telekommunikationsbranche vergleichen, einem Wirtschaftszweig, der ebenfalls stark technologiegetrieben ist, immer neue und bessere Produkte auf den Markt bringt – bei häufig sinkenden Preisen, wie man bei Laptops oder Handys sieht. Aber die Fahrzeughersteller sind dann doch abhängiger von den stark schwankenden Rohstoffpreisen als die Handyproduzenten.

    Die Werksanläufe in der Autoindustrie sind ungleich teurer als bei Fernsehern oder Computern. Und zuletzt produzieren gerade die deutschen Autokonzerne immer noch zu einem großen Teil im Heimatland mit entsprechend hohen Lohnkosten. Auf den iPhones steht dagegen "Assembled in China".

    Selbst CAR-Chef Dudenhöffer räumt ein, dass die Automobilhersteller trotz höherer Preise nicht signifikant viel mehr pro abgesetztem Neuwagen verdienen als in den vergangenen Jahren. "Das richtige Geschäft machen die Unternehmen mit dem Service und den Ersatzteilen", sagt er. Zu den an sich gestiegenen Preisen kommen nämlich noch die Kosten für den Unterhalt eines Autos, steigende Benzinpreise und teure Werkstattaufenthalte.

    Nur noch wenig junge Neuwagenkäufer

    Vielen Kunden nutzt die Erkenntnis über die Gründe für die Preisentwicklung wenig, gerade junge Leute wollen einfach einen bezahlbaren fahrbaren Untersatz. "Und den können sich angesichts der Preisentwicklung immer weniger Menschen leisten", so CAR-Chef Ferdinand Dudenhöffer.

    Er warnt davor, dass den Herstellern angesichts der hohen Preise die junge Kundschaft ausgehen könnte. 1990 seien 27,9 Prozent aller Neuwagenkäufer jünger als 35 Jahre gewesen, hat er berechnet. Im vergangenen Jahr habe die Quote der Kunden unter 35 Jahren nur noch 12,2 Prozent betragen – gerade in frühen Jahren entsteht aber jene Markenbindung, die vor allem für die deutschen Hersteller so wichtig ist. Wer möglichst billig Auto fahren will, muss notgedrungen Dacia, Smart und Fiat fahren – oder den Up von Volkswagen. Die Wolfsburger haben verstanden, dass auch deutsche Hersteller im günstigen Segment vertreten sein müssen, um dauerhaft erfolgreich sein zu können.

    © Axel Springer AG 2013.

  • Blog-Artikel von andreas.eick

    Ex-FBI-Agent Navarro

    Wie man einen Lügner erkennt

    Joe Navarro war 25 Jahre lang FBI-Agent und dort für die Einheit „Verhaltensanalyse“ zuständig. Er gilt als einer der weltweit führenden Experten auf dem Gebiet der nonverbalen Kommunikation – und ist eine Art lebendiger Lügendetektor.

    Das Telefon klingelt dreimal. Dann nimmt Joe Navarro, am anderen Ende der Leitung in Florida, den Hörer ab. Er sitzt entspannt und zurückgelehnt, wahrscheinlich in einem Sessel. Das hört man, wenn man sein neues Buch gelesen hat. In "Der kleine Lügendetektor" schreibt Navarro Folgendes: Wer Lügen enttarnen will, sollte vor allem darauf achten, wann sein Gegenüber entspannt ist und zuversichtlich – und wann sich das ändert.

    Beides kann man sowohl hören als auch sehen. Wenn ein Mensch entspannt ist, ist seine Stimme klar und tragend, die Atmung tief und langsam. Um Änderungen zu bemerken, muss man vor allem eins: viele Fragen stellen. So wie in diesem Interview, das durchaus ungewöhnlich ist. "Was denn, sprechen Sie nicht ständig mit FBI-Agenten?" fragt Navarro lachend. Eher nicht. Vor allem nicht mit solchen, deren Bücher Titel tragen wie "Terroristen jagen – Ein Blick auf die Psychopathologie des Terrors"; "Fortgeschrittene Interview-Techniken" oder "Menschen verstehen und lenken." Joe Navarro war 25 Jahre lang beim FBI – und Mitbegründer der dortigen Einheit für Verhaltensanalyse. Als Agent für Spionageabwehr und Terrorismusbekämpfung führte er insgesamt mehr als 10.000 Verhöre durch. Heute gilt er als einer der weltweit führenden Experten auf dem Gebiet der nonverbalen Kommunikation – und der Lügendetektion.

    Angefangen hat das alles aber aus reiner Not, sagt Navarro. Als er 1973 vom FBI als Special Agent rekrutiert wurde – als ausgebildeter Polizist im zarten Alter von 23 Jahren – habe es dort keine Anleitung oder einen Leitfaden dafür gegeben, wie man Täuschungen in einem Verhör erkennen könnte. Also begann er, jedes nonverbale Verhalten, das ihm besonders auffällig erschien, aufzuschreiben, und suchte in der wissenschaftlichen Literatur nach Hinweisen.

    "Eine der allerersten Gesten, die ich bemerkte", sagt er, "war, dass viele Menschen ihren Hals berühren, wenn sie lügen." Davon aber stand nirgends etwas in den Büchern. "Es war so offensichtlich", sagt er, "und ich habe mich gefragt: Warum hat dazu noch niemand etwas geschrieben?" Navarros Liste mit verdächtigen Verhaltensweisen wuchs mit jedem Verhör, und mit ihr seine Zweifel.

    Viele der Gesten und Mienenspiele in seinem persönlichen Leitfaden standen nirgendwo anders, und viele die woanders standen, stellten sich schlichtweg als falsch heraus. So war man in den 1970er-Jahren überzeugt davon, dass Menschen, die lügen, eher wegschauen, als einem in die Augen zu sehen. In den Verhören aber zeigte sich genau das Gegenteil. "Gerade wenn Menschen lügen, halten sie eher Augenkontakt", so Navarro, "denn für sie ist es sehr wichtig, möglichst schnell herauszufinden, ob man ihnen ihre Lüge auch wirklich abkauft." Wegschauen, insbesondere beim Reden, sei dagegen eher ein Zeichen dafür, dass jemand mit sich im Reinen sei.

    "Um wegzuschauen, braucht man innere Ruhe und Freiheit, sprich: Man muss unbelastet sein." Viele dieser Irrtümer, sagt Navarro, seien wohl entstanden, weil man nicht genau unterschieden habe, ob eine Verhaltenweise von einer Lüge rührt, von Nachdenken zeugt, oder schlicht auf Stress beruht. So sei auch die Annahme, dass ein Blick nach rechts oder links etwas über Wahrheit oder Unwahrheit aussage, nicht richtig – denn ein Blick zur Seite sei lediglich ein Zeichen dafür, dass der Gefragte überlegt oder die gestellte Frage verarbeitet.

    Durch nachträgliche DNA-Beweise, so Navarro, seien allein in den vergangenen zehn Jahren in den USA 261 Unschuldige entlastet worden. Sie waren verurteilt worden, weil die Ermittlungsbeamten Hinweise auf Täuschungen gesehen hatten, die eigentlich nur eines waren: Anzeichen von Stress. Es ist schwierig, das auseinanderzuhalten – daran scheitern nicht nur Menschen, sondern auch alle bisher verfügbaren Lügendetektoren.

    Aber wie macht man es denn nun richtig? Das Wichtigste, sagt Navarro, ist es, zu Beginn eines Gesprächs, zum Beispiel beim Verhör, eine entspannte, lockere Atmosphäre zu schaffen. "Es ist das komplette Gegenteil dessen, was man im Fernsehen sieht", sagt er. Keine Drohungen, kein Druck, kein Geschrei. Stress sei einfach nicht gut – denn es verwische das Verhalten, blockiere das Gedächtnis und erschwere es dem Ermittler, Täuschungsverhalten von normalem Verhalten zu unterscheiden. Man brauche die entspannte Atmosphäre also, um sich ein Bild des Menschen zu machen; um eine Referenz zu haben. So weit, so gut. Bei einem Vorstellungsgespräch mit einem nervösen Bewerber mag das vielleicht gehen – aber wie entspannt man jemanden, der zum Verhör beim FBI vorgeladen ist?

    "Können Sie ein Geheimnis für sich behalten?", fragt Navarro leise. Natürlich nicht, schließlich ist das ein Interview. Ein Trick, mit Sicherheit, denkt man, und hört sich vorsichtig "na gut" sagen. "Sehen Sie? Ich habe leise gefragt, Sie haben leise geantwortet", sagt Navarro. "Menschen spiegeln einander. Und wenn mir jemand gegenübersitzt, kann ich ihn dazu bringen, im selben Rhythmus wie ich zu atmen und zu blinzeln. Das beruhigt ihn, ohne dass er es selbst bemerkt." Ebenso wichtig sei es, absolut neutral zu wirken und keine Wertungen zu zeigen.

    Erst dann könne man Gesten und Mimik eines Verdächtigen sinnvoll interpretieren. Dabei, sagt Navarro, darf man sich nicht nur auf einzelne Verhaltensweisen verlassen, sondern muss auf Gesicht, Oberkörper, Arme, Hände, Beine und Füße gleichermaßen achten. Gerade das Gesicht erhalte nach wie vor eine unverhältnismäßig große Bedeutung in vielen Büchern zum Thema, findet er. Dabei sei es oft gar nicht so sonderlich aussagekräftig, wenn es um Lügen geht. "Das Gesicht schließt soziale Verträge", so Navarro. "Wenn mich jemand anlächelt, muss ich zurücklächeln". Andere Körperteile täten das nicht oder sehr viel weniger ausgeprägt.

    Die Füße, sagt Navarro, seien das ehrlichste Körperteil des Menschen. Denn sie sind diejenigen, die unsere Spezies über Millionen von Jahren am Leben erhalten haben – denn sie bereiten sich auf Flucht oder Kampf vor. Drehen die Füße sich weg, fühlt man sich unsicher, zeigen die Zehen nach oben, ist man souverän und zuversichtlich. Was im Gehirn vor sich gehe, welche Gefühle, Gedanken, Wünsche oder Sorgen jemand habe, lasse sich in Echtzeit an jedem Teil des Körpers beobachten. In "Der kleine Lügendetektor" hat Navarro nun 216 Gesten zusammengetragen, die während seiner FBI-Zeit gute Indikatoren für Nervosität, Unwohlsein, Täuschungen oder auch Authentizität waren. Navarro rät, beim Beobachten vier Phasen zu unterscheiden. Beim Stellen der Frage solle man darauf achten, wie der Körper des Gegenübers reagiert. Jedes Zucken, An- oder Zurückziehen der Beine, Füße, Arme oder Hände etwa steht für Unwohlsein oder plötzliche Nervosität – denn bei Stress nimmt man automatisch und unbewusst weniger Raum ein. Ist die Frage gestellt, beginnt die Verarbeitung und das Nachdenken über die Antwort.

    Hier lassen sich Zeichen der Verzögerung, Anstrengung oder des Überspielens beobachten. Während der Antwort selbst schaffen es viele Lügner, recht gefasst zu wirken. Anzeichen dafür, dass etwas nicht stimmt, kann man dann daran erkennen, dass das Gesagte nicht mit dem Gezeigten übereinstimmt. So sind bei einer Unschuldsbeteuerung die sogenannten fragenden Hände, mit den Handflächen nach oben, verdächtig. Wenn man sich wirklich sicher sei, zeigen die Handflächen aber eher nach unten, so Navarro. Nach der Antwort sind Beruhigungsgesten verräterisch: über das Gesicht streichen, Lippenbeißen – laut Navarro ein Überbleibsel des Saugreflexes –, mit den Haaren spielen oder auch Gähnen, das beruhigend wirkt, weil es die Gesichtsmuskulatur entspannt. Dabei ist es wichtig, die für den Menschen typischen Gesten zu erkennen.

    Bundeskanzlerin Merkel etwa, so Navarro, habe sehr typische Gesten. Das berühmte Dach, in dem sie ihre Hände häufig hält, stehe dafür, dass sie mit sich selbst in Einklang sei. Wird sie nervös, löst es sich auf und die Hände greifen mit gespreizten Fingern ineinander. Sagt jemand anders neben ihr etwas, das sie nicht gerne hört, berührt sie kurz mit einem Finger ihr Augenlid. Gerade bei Menschen mit hohem sozialen Status oder auch bei chronischen Lügnern kann es schwieriger sein, Täuschungen zu enttarnen. Denn sie sind es gewohnt, Raum einzunehmen, beobachtet zu werden und ihre Reaktionen schnell zu regulieren. "Aber man wird trotzdem Verhalten sehen, das Unwohlsein ausdrückt, wenn man ihnen ganz bestimmte Fragen stellt", sagt Navarro. Das könnten auch winzige Zeichen von Ärger, Sorge oder Verwunderung sein, die manchmal nur wenige Millisekunden dauern.

    Und dann kommt eine FBI-Geschichte. Im August 1988 verhafteten Ermittler des Bundeskriminalamtes einen Mann namens Clyde Lee Conrad wegen des Verdachts auf Spionage. Als Offizier der US-Armee hatte Conrad, in Bad Kreuznach stationiert, Papiere der höchsten Geheimhaltungsstufe an den ungarischen Geheimdienst verkauft. Beim Aufrollen des Falles bat das Bundeskriminalamt Navarro darum, den US-Amerikaner Roderick James Ramsay zu verhören, der Conrad vielleicht kannte. Navarro lud Ramsey vor, plauderte mit ihm über den Wiener Wald und anderes Belangloses, bot ihm eine Zigarette an und fragte dann unvermittelt nach Conrad.

    Als er den Namen hörte, war Ramsey nichts anzumerken, so Navarro – nur die Zigarette in seiner Hand, die zitterte, ganz leicht. Ramsey, so stellte sich im Verlauf der Ermittlungen heraus, kannte Conrad nicht nur – er war selbst ein Spion, der eng mit Conrad zusammenarbeitete. Clyde Lee Conrad wurde im Juni 1990 vom Koblenzer Oberlandesgericht wegen Spionage zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, Ramsey zu 36 Jahren – einer zitternden Zigarette wegen.

    Der beste Zeitpunkt für ein Geständnis, sagt Navarro, sei übrigens, wenn ein Verdächtiger beginnt, während des Verhörs sanft hin und her oder vor und zurück zu schaukeln. "Das ist eine sehr grundsätzliche und primitive Reaktion des Körpers unter starkem Stress", sagt er. Es ist der Punkt, wenn der Verhörte merkt, dass seine Strategie nicht aufgeht, seine Lügen nicht funktionieren, und ihm seine Ideen ausgehen.

    Dann, sagt Navarro, habe er dem Verdächtigen die Hand auf die Schulter gelegt und gesagt: "Sie wissen doch genau, was passiert ist. Sie werden sich besser fühlen, wenn Sie es uns einfach sagen." Mehr brauche es nicht. Der Stress setze in diesem Moment so zu, dass man die Gelegenheit, den Druck zu lindern, mit großer Wahrscheinlichkeit wahrnimmt.

    "So", sagt Navarro schließlich. "Sie dürfen das Wissen gerne überall anwenden – zu guten Zwecken, versteht sich." Und nach einer kurzen Pause: "Soll ich ihnen eigentlich auch das nächste Buch schicken, das von mir erscheinen wird? Es heißt: Gefährliche Persönlichkeiten". Was für eine Frage, Herr Navarro.

    Fanny Jiménez

  • Blog-Artikel von andreas.eick

    Wenn VW-Chef Martin Winterkorn ins Plaudern kommt, rechnet er schon mal in aller Öffentlichkeit Teilepreise von Autos durch. Er macht es nicht so, dass seine Zuhörer daraus Erkenntnisse gewinnen könnten, aber er lässt durchaus zwei, drei Zahlen für einzelne Bauteile fallen und begründet so etwa, warum er eine bestimmte Technik im Golf nicht anbietet.

    Angesichts der Zahl von Einzelteilen in einem Auto (je nach Größe um 25.000) ist man beeindruckt, welche Kennzahlen Winterkorn präsent hat. "Das muss man einfach wissen in dem Geschäft", sagt der VW-Boss dann. "Der Piëch weiß das auch."

    Dann hört die Plauderei aber auf, die Details der Pkw-Herstellungskosten zählen zu den am besten gehüteten Geheimnissen überhaupt. Einer, der ein wenig Licht ins Dunkel bringen kann, ist Stefan Bratzel, Professor für Automobilwirtschaft und Leiter des Center of Automotive der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach.

    Ihn wundert es nicht, dass Winterkorn so viele Preise im Kopf hat. "Die Materialkosten betragen etwa 70 Prozent der Gesamtproduktkosten. Bezogen auf den Preis, den der Kunde zahlt, sind es 50 Prozent."

    Die zweite Hälfte des Autopreises setzt sich zusammen aus Produktions-, Entwicklungs- und Gemeinkosten inklusive Löhne, die mit 25 bis 30 Prozent in die Rechnung eingehen, und allem, was man als Vertriebskosten bezeichnen kann: Marketing, Werbung, Händlermarge. Irgendwo in diesen 20 bis 25 Prozent liegt auch der Gewinn des Herstellers, allerdings nicht versteckt. Die meisten Autohersteller sind börsennotierte Aktiengesellschaften und müssen ihre Zahlen vierteljährlich veröffentlichen.

    Gewinn bei Premium-Autos höher

    So hat der Volkswagen-Konzern im ersten Quartal dieses Jahres 2.375.000 Autos abgesetzt und einen Gewinn vor Steuern von 2.255.000.000 Euro gemeldet. Pro Auto (vom Seat bis zum Bugatti) macht das 949,48 Euro. Diese Zahl klassifiziert Volkswagen nach wie vor als Massenhersteller, denn in der Premiumwelt, der sich der Wolfsburger Konzern ja auch nah fühlt, wird besser verdient.

    Teilt man das Vorsteuer-Ergebnis der BMW AG durch die Zahl der verkauften Fahrzeuge (442.800 Autos plus 24.732 Motorräder), kommen 4235 Euro heraus, selbst nach Abzug der Steuern bleiben je Fahrzeug noch 2774 Euro Gewinn (VW: 709). "Bei Daimler ist das ähnlich wie bei BMW", sagt Stefan Bratzel dazu, "und Porsche hat auch schon mal 17.000 Euro Gewinn pro Auto gemeldet."

    Immerhin gehört der Sportwagenhersteller zum VW-Konzern, aber den Großteil des Absatzes machen eben die preiswerteren Marken VW, Seat und Skoda. "Wir dürfen auch die vielen VW-Fahrzeuge für den chinesischen Markt nicht vergessen", sagt Bratzel. Die Modelle, größtenteils andere als in Europa, kosten in China weit weniger als in Deutschland.

    Netto-Volkswagen kostet 17.317 Euro

    Errechnet man den durchschnittlichen weltweiten Verkaufspreis eines Volkswagen-Produkts aus dem ersten Quartal, so kommt man auf 17.317 Euro – das ist nur wenig mehr, als in Deutschland ein Basis-Golf mit seinen 16.975 Euro kostet. Die Zahlen sind allerdings nur dann wirklich vergleichbar, wenn man vom Golf-Preis noch die deutsche Mehrwertsteuer abzieht, man kommt dann auf 14.265 Euro.

    Das ist wichtig, denn alle weiteren Angaben können sich nur auf den Nettopreis beziehen, weil die Mehrwertsteuer in jedem Land unterschiedlich hoch ist. In Deutschland beträgt sie 19 Prozent, und sie stellt damit einen der größten Einzelposten beim Autokauf dar. Dafür ist sie wenigstens kein Geheimnis.

    Für unseren durchschnittlichen Netto-Volkswagen mit seinen 17.317 Euro zahlen wir laut Stefan Bratzel also 8658,50 Euro fürs Material, 4329,25 Euro für Löhne und Gehälter sowie noch einmal so viel für die Vertriebskosten. Die Händlermarge liegt bei rund 15 Prozent, der Händler erhielte also allein 2258 Euro. Von diesem Geld muss er allerdings seine Rabatte finanzieren.

    Motor am teuersten

    Verteilt man den Preis auf die einzelnen Positionen im Auto, ist tatsächlich das Herzstück am teuersten. "Der Motor macht im Durchschnitt rund 15 Prozent des Autopreises aus", sagt Stefan Bratzel, "hinzu kommen bis zu zehn Prozent fürs Getriebe." Die Karosserie samt Struktur darunter komme ebenfalls auf 15 Prozent Kostenanteil, und das Interieur stelle in letzter Zeit einen immer größeren Kostenfaktor dar. Auch wegen der gestiegenen Ansprüche an Material- und Verarbeitungsqualität machen Sitze, Cockpit und Innenraumauskleidung weitere zehn Prozent des Autopreises aus.

    Einen steigenden Anteil nimmt der Komplex Elektrik/Elektronik ein. Schon bei einem Kleinwagen seien das etwa zehn Prozent des Autopreises, bei Luxuslimousinen wie der jetzt vorgestellten Mercedes-S-Klasse könne man auch 15 Prozent für die unsichtbaren Hilfssysteme zahlen. Bei einem gut ausgestatteten S 500 für etwa 120.000 Euro gehen allein 18.000 Euro in die Elektronik.

    Doch im täglichen Geschäft bei den Händlern zählen all diese Berechnungen nicht viel. Speziell in Europa werden Autos schon länger nicht über die Kosten verkauft, sondern über den Preis, auch wenn das Rabattniveau im Mai wieder leicht gesunken ist. Ferdinand Dudenhöffer lässt an seinem Center Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen monatlich die Rabattaktionen aller Hersteller in Deutschland auswerten, und der CAR-Index ist von 133 auf 126 gefallen (vor einem Jahr: 116). Die aktuelle Entwicklung führt Dudenhöffer darauf zurück, dass VW die sogenannten Händler-Incentives deutlich zurückgefahren habe. "VW scheint zu testen, inwieweit Rabatte wieder zurückgenommen werden können."

    Lieferanten im Nachteil

    Laut Dudenhöffer gibt es im Zuge spezieller Hersteller-Aktionen noch 8,6 Prozent Nachlass beim VW-Händler (Ford: 11,7, Opel: 13,9), und selbst die Internet-Rabatte sind für einen neuen VW von durchschnittlich 17,3 auf 13,6 Prozent gefallen. Modelle von Opel (27 Prozent) und Ford (31,7 Prozent) bekomme man bei Internetvermittlern weit günstiger angeboten. Dafür liege der Anteil an Eigenzulassungen (Dienstwagen, Vorführwagen, Tageszulassungen) bei VW mit 33 Prozent sehr hoch – auch das eine Maßnahme, um neuwertige Autos mit hohen Nachlässen in den Markt zu drücken.

    Geht es im Vertrieb um Tausende Euro, die man dem Kunden nachlässt, so wird in der Entwicklung oft um Cent-Beträge gefeilscht, wie Stefan Bratzel weiß. "Die jährlichen Preisverhandlungen zwischen Herstellern und Zulieferern ergeben in der Regel Preissenkungen um drei bis vier Prozent." Wenn also VW den neuen Golf auf den Markt bringt und – wie geschehen – damit wirbt, dass die Listenpreise kaum erhöht wurden bei gleichzeitiger Verbesserung der Ausstattung, geht das zulasten der Lieferanten. Sie müssen dann sehen, wie sie ihre Produktivität entsprechend verbessern.

    Volumenhersteller wie Opel oder Toyota beziehen etwa 75 Prozent ihrer Teile von außen, Premiummarken wie BMW machen etwas mehr selbst, lassen sich aber auch zu 70 Prozent beliefern. Ebenso ist es bei VW, sagt Stefan Bratzel. Die eigene Fertigung gilt als teurer, aber gibt dem Auto auch einen Imagevorteil, der wiederum in einen höheren Preis umgemünzt werden kann. Wie hoch allerdings Prestige wirklich zu veranschlagen ist, das weiß wahrscheinlich nicht mal Martin Winterkorn.

  • Blog-Artikel von andreas.eick

    Wenn Cristiano Ronaldo, Stürmer-Star bei Real Madrid, seinen Job auf dem Platz erledigt hat, steigt er in einen Audi R8 5.2 FSI. Bastian Schweinsteiger vom FC Bayern fährt einen Audi Q7 4.2 TDI und Weltfußballer Lionel Messi vom FC Barcelona einen Q7 3.0 TDI.

    Ein Vergleich von Champions League mit den Premiumautobauern BMW, Mercedes und Audi hinkt natürlich ein wenig, weil die Ingolstädter die drei genannten Vereine schlicht sponsern. Aber die Modellwahl der Superkicker ist schon so etwas wie ein Spiegel der Zustände in der Autobranche: Mercedes fährt hinterher – in den vergangenen zwei, drei Jahren war das zumindest so.

    Doch neben neuen Hiobsbotschaften aus Stuttgart kommen nun erstmals auch aus Wolfsburg Alarmmeldungen. Der Audi-Mutterkonzern Volkswagen meldet überraschend einen dramatischen Gewinneinbruch. Die Autokrise war bislang auf die ohnehin Schwachen der Branche beschränkt, die Hersteller aus Frankreich, Italien oder manchen Konzern aus Japan. Nun rauschen auch die bislang erfolgsverwöhnten deutschen Automobilhersteller in den Keller.

    Keine drei Stunden, nachdem Daimler-Chef Dieter Zetsche eine Gewinnwarnung ausgesprochen hatte, gab Volkswagen einen drastischen Ergebnisrückgang für das erste Quartal bekannt. Ein Paukenschlag, schließlich war man von Volkswagen zuletzt nur Rekordzahlen gewöhnt. Für Daimler wiederum ist es die zweite Gewinnwarnung innerhalb weniger Monate.

    Man erwarte für das Gesamtjahr 2013 einen Gewinn vor Zinsen und Steuern "unter dem Niveau des Vorjahres", hieß es. Es sei nicht mehr damit zu rechnen, dass das operative Ergebnis von 8,1 Milliarden Euro aus dem Vorjahr erreicht werden könne. Die Aktie des Autobauers rutschte bis zum Mittag fast ans Ende des Dax, VW-Vorzugsaktien hielten sich dagegen oben.

    Volkswagen AG Vz
    24.04.2013, 17:35150,70 €+2,59%

    Daimler AG
    24.04.2013, 17:3540,58 €-0,78%


    Aktienkurs
    Das Auf und Ab des Kurses der Daimler-Aktie
    VW hält an Geschäftszielen fest

    Der Grund dafür ist wohl die Tatsache, dass Volkswagen im Gegensatz zu Daimler trotz der angespannten Lage an seinen Geschäftszielen festhält. Für 2013 peilt Volkswagen ein Ergebnis aus dem laufendem Geschäft auf Höhe des Vorjahres an. Mehr hatte Konzernchef Martin Winterkorn nie versprochen. Der Branche ist klar, dass die Absatzkrise in Europa noch lange nicht ausgestanden ist.

    In China wächst die Nachfrage zwar weiter, aber nicht so galoppierend wie in den vergangenen Jahren. Rettungsanker der weltweiten Autoindustrie sind derzeit nur noch die USA. Regionen, auf die die Branche immer wieder gesetzt hatte wie Brasilien oder Indien, entwickeln sich längst nicht wie erhofft.

    Daimler-Chef Dieter Zetsche hatte bereits vor einem Jahr zur Aufholjagd geblasen. Bis 2020 soll Mercedes auf den Platz zurückkehren, den man jahrzehntelang innehatte: die Nummer eins unter den Premiumautobauern. Experten bezweifeln nicht, dass Mercedes die Kraft dazu hat, wieder nach vorn zu kommen.

    Zwar ist zuletzt der Abstand zu den Konkurrenten weiter gewachsen. Aber möglicherweise wird Audi durch die Rückschläge, die der VW-Konzern insgesamt hinnehmen muss, gebremst.

    Bei Volkswagen ist der Gewinn vor Zinsen und Steuern in den ersten drei Monaten um 26 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro geschrumpft. Unter dem Strich sank er sogar um gut ein Drittel auf knapp zwei Milliarden Euro. Auch beim Umsatz ging es leicht auf 46,6 Milliarden Euro nach unten – obwohl VW mehr Autos absetzte als vor einem Jahr.

    Bei Daimler ist das Ergebnis vor Zinsen und Steuern im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um mehr als die Hälfte auf 917 Millionen Euro geschrumpft. Bei Mercedes Benz brach das operative Ergebnis sogar um rund zwei Drittel ein. Der Konzernumsatz sank um drei Prozent auf 26,1 Milliarden Euro. Unter dem Strich standen nur noch 564 Millionen Euro Gewinn.

    Das Europageschäft ist der Knackpunkt

    Die entscheidenden Gründe für das schwache Abschneiden sind bei Daimler und Volkswagen identisch: die Flaute in Europa. Im ersten Quartal hätten sich viele Märkte, insbesondere Westeuropa, konjunkturbedingt schlechter entwickelt als erwartet, so Daimler-Chef Zetsche. Bei VW hieß es: "Dem intensiven Wettbewerb und den daraus resultierenden Belastungen können wir uns jedoch nicht vollständig entziehen."

    Trotz der Rückschläge geben sich die Autobauer kämpferisch. "Daimler befindet sich mitten in der umfangreichsten Wachstumsoffensive seiner Unternehmensgeschichte", sagte Finanzchef Bodo Uebber. Neue Modelle wie die E- und S-Klassen sollen neuen Schub bringen. Hinzu komme das Effizienzprogramm, durch das allein bei Mercedes in diesem Jahr 600 Millionen Euro eingespart werden sollen.

    Ein Teil der Getriebefertigung soll nach Rumänien verlagert werden. Den deutschen Standorten soll das Komponentenwerk aber keine Kapazitäten wegnehmen, sondern lediglich zusätzlichen Bedarf decken. Insgesamt investieren die Stuttgarter mehr als 300 Millionen Euro in den Ausbau.

    Bei VW hieß es, aufgrund vieler neuer Produkte werde man sich auch 2013 "in einem herausfordernden Umfeld besser als der Gesamtmarkt entwickeln und die Auslieferungen an Kunden im Vergleich zum Vorjahr steigen".

    Der Konzern lädt am Donnerstag zur Hauptversammlung nach Hannover – und wird sich dort den bohrenden Fragen der Aktionärsvertreter stellen müssen. BMW wiederum gibt seine Zahlen in einer Woche bekannt.

  • Spielzeuge des LebensDatum06.04.2013 18:44
    Thema von andreas.eick im Forum "Gibt es ein Leben nac...

    Die Prüfung ...das ist nicht das Leben, sondern nur ein "Spielzeug des Lebens" und dazu tagesformabhängig.- Außerdem kann man die Prüfungen wiederholen!!!
    Klar ist es ärgerlich, wenn man sie versemmelt- aber mal ehrlich: Was hat sich dadurch in deinem Leben verändert, außer das dein Ego eine Narbe bekommen hat?- Und genau diese Spuren machen uns erfolgreich...
    Also wie beim Reiten: "wieder aufsteigen und galopp!"

  • Thema von andreas.eick im Forum Burnout- "ich fühle es...

    Fazit: Den Serviceberater gibt es nicht.

    • Es gibt nicht den Serviceberater, denn dessenSituation ist von verschiedenen betrieblichenStrukturmerkmalen – wie zum Beispiel der Betriebsgröße – abhängig. Besonders hoch ist der Druck in Kleinbetrieben.
    • Die durchschnittliche Zahl der Kundendurchgänge pro Tag ist daher auch allein kein si cheres Kriterium, um die Belastung beurteilen zu können.
    • Eine wichtige Rolle spielt, wer für unangemeldete Expresskunden zuständig ist. Besonders prekär ist dies bei Betrieben in Autobahnnähe.
    • Stressfaktoren für Serviceberater sind neben der Arbeitsmenge überlange Arbeitszeiten, Verantwortungsdruck durch Werkstatttests, Mängel der EDV-Systeme, schlechtes Führungsverhalten der Vorgesetzten und geringe innerbetriebliche Anerkennung sowie eine nicht tätigkeitsgerechte Qualifizierung.
    • Die Personalauswahl für die Position des Serviceberaters ist oft nicht anforderungsgerecht.
    • Die Einkommenssituation der Serviceberater ist völlig unbefriedigend. Ihre Bezahlung entspricht nicht der mit der Position verbundenen Verantwortung und Belastung.
    • Es gibt bereits in einigen Betrieben „gute Lösungen“, die geeignet sind, den Serviceberater zu entlasten.

    Broschüre :"Serviceberater in Autohäusern"(pdf)
    http://netkey40.igmetall.de/homepages/vs...Kfz_0189019.pdf

  • Zetsches Problem im Land des LächelnsDatum12.02.2013 21:34
    Blog-Artikel von andreas.eick

    Hamburg - Ein übertriebenes Maß an Eitelkeit kann man Dieter Zetsche nicht nachsagen. Der schnauzbärtige Daimler-Chef legt im kleineren Kreis auch mal die Krawatte ab und zapft Gästen persönlich ein Bier. Doch bei Großveranstaltungen beherrscht Zetsche auch die Kunst der gehobenen Marktschreierei - samt dazugehöriger Posen.

    Auf der Detroiter Automesse Mitte Januar etwa ließ sich Zetsche mit hochgestrecktem Daumen ablichten. Dieses Jahr könne ruhig 36 Monate haben, meinte Zetsche selbstbewusst - "so viele neue Produkte werden wir einführen". Bei der Vorstellung der neuen A-Klasse vor knapp einem Jahr erklärte er, dass A für Angriff stünde. In US-Werbespots trat der Automanager auch schon selbstironisch als "Dr. Z." auf - und erklärte mit deutschem Akzent die Vorzüge von Chrysler-Fahrzeugen.
    Unter Deutschlands Automanagern ist Zetsche wohl das größte Showtalent - und das wird er auch heute auf der Bilanzpressekonferenz von Daimler ausspielen müssen. Zwar hat Daimler 2012 unter dem Strich einen Gewinn von 6,5 Milliarden Euro eingefahren, operativ ging der Überschuss allerdings zurück. Daimler gelingt es nicht, die Rekorderlöse in Höhe von 114 Milliarden Euro auch in steigende Gewinne umzumünzen.

    Aktionäre des Unternehmens haben derzeit nicht viel Freude mit dem Papier des Luxusautoherstellers. Denn die Kernmarke Mercedes fährt den Konkurrenten BMW und Audi hinterher. Im vergangenen Jahr hat sich der Abstand vergrößert: Während BMW 1,54 Millionen und Audi 1,46 Millionen Fahrzeuge auslieferte, schaffte Mercedes 1,32 Millionen Autos.

    Die Achillesferse in Daimlers Wachstumsplänen

    Will er diesen Rückstand aufholen, muss Zetsche nun konzernweit kräftig Gas geben. Das gilt besonders für einen Markt, den die Stuttgarter lange Jahre nur wenig beachtet haben: In China liegt die bayerische Konkurrenz mittlerweile weit vorne.

    Zwar bremsen sich die Wachstumsraten etwas ein. Doch das Luxussegment wird in China auch über die nächsten Jahre boomen. Wenn Daimlers Stern zu altem Glanz zurückfinden will, müssen die Stuttgarter im Reich der Mitte kräftig aufholen. Zetsche weiß, dass China die Achillesferse seiner Wachstumsstrategie ist und setzt nun alle Hebel in Bewegung. Die zahlreichen Modellneuheiten in diesem Jahr könnten dabei helfen - doch sicher ist der Erfolg längst nicht. Denn Daimler ist spät dran.

    Vor anderthalb Jahren hat Zetsche das Ziel ausgerufen, bis zum Jahr 2020 seine beiden bayerischen Konkurrenten zu überrunden. Medienberichten zufolge peilt er dieses Ziel sogar schon zwei Jahre früher an. Doch in China hat sich Daimler in der Vergangenheit Patzer geleistet. In dem Markt verkaufte Daimler im vergangenen Jahr 196.000 Fahrzeuge - nur halb so viel wie Erzkonkurrent Audi, der auf 405.800 Neuwagen in China kam.
    Beteiligung an BAIC - und Kontrolle über Vertrieb in China

    Zetsche bläst nun zur Aufholjagd im Reich der Mitte - und schwört sein Unternehmen auf eine neue Strategie ein. Im Dezember hat Daimler mit Hubertus Troska einen eigenen China-Vorstand berufen, der nun für die Geschäfte verantwortlich ist. Die bisherigen zwei Vertriebsgesellschaften in dem Land werden zusammengelegt.

    Anfang dieser Woche hat Daimler bekanntgegeben, sich mit 12 Prozent an der Pkw-Sparte seines langjährigen chinesischen Partners Beijing Automotive Group (BAIC) zu beteiligen. Insgesamt 640 Millionen Euro legt Daimler dafür auf den Tisch - es ist das erste Mal, dass sich ein ausländischer Hersteller an einem chinesischen Automobilproduzenten beteiligt. Gleichzeitig übernimmt Daimler die Mehrheit und damit die Kontrolle an der kürzlich zusammengeführten Vertriebsgesellschaft.

    Modelloffensive für die Aufholjagd

    Seit langem gibt es zudem Gerüchte, dass sich Chinas Staatsfonds CIC stärker bei Daimler beteiligen will. Derzeit halten die Chinesen 1,1 Prozent des Daimler-Kapitals. Eine Aufstockung auf mehr als 5 Prozent galt bislang als unwahrscheinlich. Doch mit dem BAIC-Deal könnte auch in diesen Punkt Bewegung kommen. Die NordLB hat die Daimler-Aktie kürzlich von "Halten" auf "Kaufen" heraufgestuft. Denn der BAIC-Einstieg und eine mögliche CIC-Beteiligung an Daimler dürften "dem Konzern die Aktivitäten im Reich der Mitte merklich erleichtern", meint NordLB-Analyst Frank Schwope.

    Für die Aufholjagd in China kommt Zetsche möglicherweise auch die für dieses Jahr vorgesehene Modelloffensive zugute. Mitte Januar hat Mercedes in Detroit die überarbeitete E-Klasse vorgestellt. Gut eine Milliarde Euro und damit deutlich mehr als sonst üblich hat Daimler investiert, um die erst vier Jahre alte E-Klasse optisch und technisch auf den neuesten Stand zu bringen. Vor allem Firmenkunden hatten die E-Klasse wegen des eher altbackenen Designs zuletzt gemieden hatten. "Das war sehr mutig, aber richtig", urteilt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer gegenüber manager magazin online. Wenn Zetsche Weltmarktführer werden wolle, müsse er "mit Top-Produkten aufwarten".

    In diesem Jahr kommt auch der Kompaktwagen CLA auf den Markt. Im Sommer stellt Daimler die neue Version seines Aushängeschildes vor, die neue S-Klasse. In den kommenden Jahren soll es bis zu sechs S-Klassen-Varianten geben, vom Coupé über das Kabrio bis zu einem extralangen Viertürer. Letzterer könnte auf dem chinesischen Markt, wo Autos oft von Chauffeuren gelenkt werden, besonders großen Anklang finden.

    Doch sicher ist der Markterfolg noch längst nicht. Mercedes gilt in China als Altherrenmarke - ein Problem, mit dem Zetsche auch in Europa kämpft. Die neue A-Klasse, die seit November bei den Händlern steht, soll dieses Imageproblem lindern. Verkaufszahlen und Umfragen zeigen, dass diese Strategie offenbar einigermaßen funktioniert. Doch auf dem chinesischen Markt, wo Luxusautos eher groß und repräsentativ sein müssen, muss sich Daimler eine andere Verjüngungstaktik einfallen lassen.

    "Zeitplan für 2018 ist sehr ehrgeizig"

    "China hat die Schlüsselrolle. Doch Daimler liegt zwei Jahre hinter seinen Konkurrenten zurück", sagt Autoexperte Dudenhöffer. Dass Zetsche so lange die Probleme im Reich der Mitte ignorierte, sei ein großer Fehler gewesen. Auch mit der Produktion von Fahrzeugen vor Ort war Daimler später dran als alle seine Konkurrenten. Audi fertigt bereits seit 1996 ganze Modellreihen in China - auch aufgrund des frühen Engagements seiner Konzernmutter Volkswagen. BMW gründete 2003 ein Fertigungsjointventure mit dem chinesischen Hersteller Brilliance. Daimler wagte diesen Schritt erst 2006.

    Trotzdem stellt Dudenhöffer Daimler für die Zukunft ein durchaus gutes Zeugnis aus. Als Zetsche das Steuer bei dem stolzen Stuttgarter Autohersteller übernommen habe, hätte der Konzern fast schon ums Überleben gekämpft. Zetsche habe sich entschlossen von Chrysler getrennt und durchaus die Kultur in Stuttgart positiv verändert. Außerdem punkte Daimler mit visionären Innovationen - etwa mit seinem Carsharing-Projekt Car2Go. In diesem Bereich haben Audi und Volkswagen so gut wie nichts zu bieten.

    Doch an Zetsches ehrgeizigem Zeitplan für seine Aufholjagd hegt auch Dudenhöffer Zweifel. "Ich halte 2018 für sehr, sehr ehrgeizig", sagt der Autoexperte. Es sei unsicher, ob dieser Zeitraum tatsächlich realisierbar ist. Denn die Probleme in China, der derzeitigen Achillesferse des Konzerns, lassen sich nicht von heute auf morgen lösen. Abseits der Showbühne gesteht das auch Daimler-Chef Zetsche ein. "Das wird nicht über Nacht gehen", sagte er auf der Automesse in Detroit.

    Einen ersten Lichtblick gibt es immerhin. Zu Jahresstart hat Daimler in China Boden gut gemacht. Exakt 16.695 Mercedes-Benz-Modelle hat Daimler im Januar in China verkauft, ein Zuwachs von 15,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auf großer Bühne würde Zetsche dazu wohl sagen, dass Daimlers Stern nun auch in China hell erstrahlt. Um im Bild zu bleiben: Ein bisschen Glitzern garantiert noch längst keinen strahlenden Erfolg.

  • Blog-Artikel von andreas.eick

    Stuttgart - Unter dem Strich fuhr Daimler vergangenes Jahr 6,5 Milliarden Euro ein, nach sechs Milliarden Euro in 2011. Das entspricht einem Plus von 8 Prozent, wie Daimler mitteilte. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass der Autobauer vom Verkauf der milliardenschweren EADS-Anteile merklich profitierte. Die Schwaben beziffern den positiven Effekt mit 709 Millionen Euro.

    Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) gab dagegen leicht um 2 Prozent auf 8,6 Milliarden Euro nach. Der Konzernumsatz stieg von 106,5 auf 114,3 Milliarden Euro. Das ist ein Zuwachs von 7 Prozent. Die Aktie legte am Morgen zunächst um 2,07 Prozent auf 43,90 Euro zu.
    Verantwortlich für den operativen Rückgang war vor allem das Ergebnis bei Mercedes-Benz. Wegen schwacher Geschäfte in China und hoher Ausgaben für neue Fahrzeugmodelle sowie aufgrund des Ausbaus der Produktionsstätten im In- und Ausland musste Daimler einen deutlichen Gewinnrückgang um 15 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro verbuchen.

    Die Omnibussparte drückte mit ihren Verlusten ebenfalls auf das Ergebnis. Trotz dieses Einbruchs beim operativen Gewinn will Daimler an die Aktionäre eine stabile Dividende von 2,20 Euro je Aktie zahlen. Insgesamt verkaufte der Konzern weltweit knapp 2,2 Millionen Autos. Damit wurde das Vorjahresniveau um 4 Prozent übertroffen.

    Zetsche: "Erkennbares Verbesserungspotenzial"

    Daimler-Chef Dieter Zetsche zog eine durchwachsene Bilanz: "Das abgelaufene Geschäftsjahr war für Daimler insgesamt ein starkes Jahr mit vielen Erfolgen, aber auch mit erkennbarem Verbesserungspotenzial", sagte der Vorstandsvorsitzende. "Unseren Erfolgen und den zahlreichen zukunftsweisenden Investitionen im Jahr 2012 steht die Tatsache gegenüber, dass wir bei Ergebnis und Rentabilität unserem eigenen Anspruch noch nicht gerecht werden."

    Der Konzern hatte im Herbst sein Jahresziel, das Ebit aus dem Vorjahr zu erreichen, zusammengestrichen. Das als Übergangsjahr angekündigte 2012 lief vor allem in der zweiten Jahreshälfte spürbar schlechter als erwartet. Mit einem insgesamt gut drei Milliarden Euro schweren Sparprogramm - zwei Milliarden Euro bei den Pkw und gut eine Milliarde in der Lkw-Sparte - will Daimler gegensteuern und bis Ende nächsten Jahres auf deutlich niedrigere Kosten kommen.

    Die größte Baustelle im Konzern ist das China-Geschäft. Auf dem größten Automarkt der Welt fuhren die Schwaben 2012 der Konkurrenz von Audi und BMW sowie auch ihren eigenen Zielen hinterher.
    13 neue Modelle bis 2020 geplant

    Für das laufende Jahr rechnet Daimler mit einem weiteren Rückgang des operativen Spartenergebnisses von Mercedes-Benz. Der Gewinn vor Steuern und Zinsen werde 2013 in der Pkw-Sparte leicht unter dem des Jahres 2012 liegen. Alle übrigen Automobil-Geschäftsfelder sollen die Ergebnisse des zurückliegenden Jahres übertreffen.

    Dazu beitragen soll auch eine neue Modellreihe. Bis zum Jahr 2020 wolle der Konzern 13 neue Mercedes-Fahrzeuge auf den Markt bringen, die keinen Vorgänger hätten, erläuterte Daimler-Chef Dieter Zetsche. Bis 2018 solle der Modulbaukasten für die neuen Baureihen umgesetzt werden. Bei der Fahrzeugproduktion will Daimler schon in zwei Jahren eine Fertigungszeit von 30 Stunden pro Auto erreichen. Für den kriselnden europäischen Automarkt blieb Zetsche weiter skeptisch. Der könne auch in diesem Jahr noch weiter schrumpfen.

    mg/dpa-afx/rtr

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