Forums-Blog - Die ganze Wahrheit über die Preise für Neuwagen
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  • 19.05.2014 19:59 - Die ganze Wahrheit über die Preise für Neuwagen
von andreas.eick in Kategorie Allgemein.

War früher für Autofahrer alles günstiger? Einerseits ja: Der Sprit war billiger, die Werkstätten weniger unverschämt. Andererseits zeigt der Blick auf die Entwicklung der Neuwagenpreise Erstaunliches.

All die verlockenden, auf Hochglanz polierten neuen Modelle, die die Automobilhersteller ab kommender Woche auf dem Genfer Autosalon präsentieren, haben für viele einen entscheidenden Haken: Man muss sie sich leisten können. Und das fällt Otto Normalautofahrer hierzulande angeblich immer schwerer.

Kaum etwas – von Energie vielleicht abgesehen – ist in den vergangenen Jahren so teuer geworden wie ein Neuwagen, lautet eine häufige Klage. Gefühlt mag das so sein, richtig es aber nicht, im Gegenteil. Im Vergleich zu anderen Gütern sind die Preise für neue Autos in Deutschland vergleichsweise gering gestiegen. Dass sich Autofahrer und -besitzer dennoch über steigende Kosten ärgern, hat einen anderen guten Grund.

Tatsächlich veröffentlicht das Statistische Bundesamt regelmäßig neue Zahlen zum Anstieg der Neuwagenpreise, und Wirtschaftsexperten liefern dazu manche Hintergründe, die aufhorchen lassen. Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat errechnet, dass die Deutschen 1991 für einen Neuwagen hierzulande durchschnittlich 16.310 Euro bezahlt haben. Der Durchschnittspreis sei bis 2008 auf 25.500 Euro gestiegen, also um 56 Prozent.

"Stellt man die nominale Entwicklung der durchschnittlichen Pkw-Neuwagenpreise dem allgemeinen Verbraucherpreisindex gegenüber, lässt sich die überproportionale Steigerung der Neuwagenpreise ablesen", schreibt das HWWI. Seit dem Jahr 2000 sei dann ein "deutlicher Anstieg sichtbar".

Alles fauler Zahlenzauber, meint Willi Diez, Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen. Neuwagenpreise seien im Verhältnis zu den allgemeinen Verbraucherzahlen unterproportional teurer geworden, schreibt er in einer Studie. Und die wurde nicht, wie man nun meinen könnte, im Auftrag der Autoindustrie erstellt, sondern auf Anregung der "Welt".

Ausstattung der Fahrzeuge wird deutlich besser

Das Geheimnis seriöser Ergebnisse sei das richtige Rechenmodell, so Diez in seiner Untersuchung "Zur Entwicklung der Automobilpreise in Deutschland". Meist würden nur die Durchschnittspreise und ihre Entwicklung ermittelt und verglichen. "Messungen auf dieser Basis sind aber ein ziemlich fragwürdiges Verfahren", sagt der Branchenexperte.

Dass die Deutschen in absoluten Zahlen gesehen heute deutlich mehr für einen Wagen als vor zehn oder 20 Jahren bezahlen müssen, ist unbestritten. Experten vom CAR-Center Automotive Research haben errechnet, dass ein durchschnittlicher Pkw in Deutschland 1980 umgerechnet 8420 Euro gekostet habe. 2011 sei man bei knapp 26.000 Euro angekommen.

Gemessen an Durchschnittslöhnen und -gehältern im Land, habe der Neuwagenkäufer 1980 exakt 9,4 Monate auf den Wagen sparen müssen, 2011 seien es 15,7 Monate gewesen. "Den Deutschen laufen die Neuwagenpreise davon", konstatierte das CAR-Institut. Das mag so sein, hat aber einen einfachen Grund: Die Autos, die sich die Deutschen gönnen, sind immer besser, schneller, sicherer und komfortabler ausgestattet.

Das Rechenmodell von Diez ist im Grunde ganz einfach: Nimmt man drei Kategorien von Neuwagen, A (billig), B (mittelpreisig) und C (teuer), und errechnet aus allen drei Gruppen den gesamten Durchschnittspreis für den Vergleich bestimmter Zeiträume, bekomme man ein falsches Bild.

"Denn wenn auf einmal deutlich mehr Autos der teuren Klasse C gekauft werden und weniger günstige A-Modelle, könnte man von einem allgemeinen Preisanstieg ausgehen, weil dadurch der Durchschnittspreis aller gekauften Autos steigt", so Diez. "Tatsächlich entpuppt sich aber der vermeintliche Preisanstieg als Nachfrageverlagerung zu höherpreisigen Modellen."

Technische Finessen haben ihren Preis

Dass Autos dieser Tage besser ausgestattet sind als 1980, weiß wohl jeder, aber Diez kann den Qualitätsanstieg belegen. Mit einem Antiblockiersystem waren demnach im Jahr 2000 nur 89 Prozent der Pkws hierzulande versehen. Inzwischen hat praktisch jeder Neuwagen ABS.

Klimaanlage oder ein Elektronisches Stabilitätsprogramm hatten vor 14 Jahren nur 57 beziehungsweise 20 Prozent der Autos, inzwischen sind es mehr als 93 beziehungsweise 86 Prozent. Elektrische Fensterheber gab es damals bei rund drei Vierteln aller Pkws, heute muss man schon lange suchen, bis man ein Modell ohne findet.

All die technischen Finessen haben ihren Preis. Die Materialkosten machen den mit Abstand größten Kostenblock bei der Produktion eines Automobils aus. Ihr Anteil liegt bei 43,5 Prozent und damit mehr als vier Mal so hoch wie die Ausgaben für das Personal pro produziertem Pkw.

Doch nicht mal wenn man berücksichtigt, dass Autos immer besser und damit teurer werden, will Diez eine überproportionale Preissteigerung gelten lassen. Zwischen den Jahren 2000 und 2007 seien allgemeine Verbraucher- und Neuwagenpreise nahezu parallel angestiegen.

Seit 2008 sei ein deutliches Auseinanderdriften zu erkennen: "Während die Verbraucherpreise von 2007 bis 2012 um insgesamt 8,3 Prozent gestiegen sind, erhöhten sich die Neuwagenpreise im gleichen Zeitraum nur um 1,6 Prozent", so Diez. Der schärfere Wettbewerb nach der Finanzkrise habe den Spielräumen der Autobauer bei Preiserhöhungen deutliche Grenzen gesetzt.

Größter Kostentreiber sind die Kraftstoffpreise

Berücksichtige man zudem die Entwicklung der Durchschnittslöhne der Deutschen, habe sich "die Anschaffung eines Neu- und Gebrauchtwagens für die Arbeitnehmer tendenziell sogar verbilligt", sagt Branchenexperte Diez. Im Jahr 2000 hätte ein Arbeitnehmer 1275 Arbeitsstunden leisten müssen, um sich einen Neuwagen kaufen zu können.

"2012 waren es nur noch 1181 Stunden", sagt er, wobei Durchschnittspreise von rund 23.500 Euro (Jahr 2000) beziehungsweise 26.800 Euro (2012) zugrunde gelegt werden. Auch das CAR-Institut hatte festgestellt, dass die Deutschen seit 2003 nicht mehr kontinuierlich länger arbeiten und sparen müssen wie in den Jahrzehnten zuvor, bis sie sich einen Neuwagen leisten können.

Dennoch hat man als Autofahrer zunehmend das Gefühl, dass die individuelle Mobilität immer kostspieliger wird. Und das liegt am sogenannten Kraftfahrer-Preisindex. Der erfasst alle Kosten, die der Besitz eines Autos mit sich bringt, von der Anschaffung, Steuer und Versicherung bis hin zur Garagenmiete. Der Kauf eines Pkws ist dabei einer der großen Kostenpunkte – aber eben nicht der größte.

In Summe sind es all diese Ausgaben rund um das Fahrzeug, die das Autofahren immer teurer machen. Nach Berechnungen des Instituts für Automobilwirtschaft sind zwischen 2000 und 2013 die Verbraucherpreise im Schnitt pro Jahr um 1,6 Prozent gestiegen, der Kraftfahrer-Preisindex erhöhte sich im fraglichen Zeitraum jedoch um jährlich 2,5 Prozent.

Das liegt vor allem an den Kraftstoffpreisen, die mit Abstand der größte Kostentreiber sind. Laut IFA lag der jährliche Preisanstieg seit 2000 bei 4,3 Prozent, wobei Diesel noch teurer als Benzin geworden ist. Die Kraftstoffpreise sind der mit Abstand kostspieligste Posten für Autofahrer.

Zweitgrößter Posten sind die Reparaturen

Wenn man den Kraftfahrer-Preisindex, also die Gesamtkosten, insgesamt mit dem Faktor 100 festlegt, machen die Ausgaben für Kraftstoff 33 Prozent aus – die für den Kauf des Neuwagens nur knapp 22 Prozent.

Zweitgrößter Posten und Kostentreiber sind die Aufwendungen für Reparaturen, Inspektionen sowie für Ersatzteile und Zubehör (über 24 Prozent), also das sogenannte After-Sale-Geschäft. Die Autokonzerne konzentrieren sich verstärkt darauf, denn damit lässt sich zunehmend gut verdienen.

Nach den Berechnungen des IFA sind die Preise für Reparaturen von Pkws zwischen 2000 und 2012 um 31,5 Prozent gestiegen, also um 2,3 Prozent pro Jahr und damit deutlich mehr als die Verbraucherpreise insgesamt. Bei Ersatzteilen lag der Preisanstieg im fraglichen Zeitraum bei 23,1 Prozent beziehungsweise 1,7 Prozent jedes Jahr.

Fazit: Die größten Kostentreiber sind die Tankstellen- und Werkstättenbetreiber. Die Erkenntnis ist im Grunde ja nicht neu – aber man vergisst sie gerne, wenn man im Autohaus steht oder auf einer Messe wie dem Autosalon in Genf.



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