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  • 11.06.2013 10:11 - Ex-FBI-Agent Navarro- Wie man einen Lügner erkennt
von andreas.eick in Kategorie Allgemein.

Joe Navarro war 25 Jahre lang FBI-Agent und dort für die Einheit „Verhaltensanalyse“ zuständig. Er gilt als einer der weltweit führenden Experten auf dem Gebiet der nonverbalen Kommunikation – und ist eine Art lebendiger Lügendetektor.



Ex-FBI-Agent Navarro

Wie man einen Lügner erkennt

Joe Navarro war 25 Jahre lang FBI-Agent und dort für die Einheit „Verhaltensanalyse“ zuständig. Er gilt als einer der weltweit führenden Experten auf dem Gebiet der nonverbalen Kommunikation – und ist eine Art lebendiger Lügendetektor.

Das Telefon klingelt dreimal. Dann nimmt Joe Navarro, am anderen Ende der Leitung in Florida, den Hörer ab. Er sitzt entspannt und zurückgelehnt, wahrscheinlich in einem Sessel. Das hört man, wenn man sein neues Buch gelesen hat. In "Der kleine Lügendetektor" schreibt Navarro Folgendes: Wer Lügen enttarnen will, sollte vor allem darauf achten, wann sein Gegenüber entspannt ist und zuversichtlich – und wann sich das ändert.

Beides kann man sowohl hören als auch sehen. Wenn ein Mensch entspannt ist, ist seine Stimme klar und tragend, die Atmung tief und langsam. Um Änderungen zu bemerken, muss man vor allem eins: viele Fragen stellen. So wie in diesem Interview, das durchaus ungewöhnlich ist. "Was denn, sprechen Sie nicht ständig mit FBI-Agenten?" fragt Navarro lachend. Eher nicht. Vor allem nicht mit solchen, deren Bücher Titel tragen wie "Terroristen jagen – Ein Blick auf die Psychopathologie des Terrors"; "Fortgeschrittene Interview-Techniken" oder "Menschen verstehen und lenken." Joe Navarro war 25 Jahre lang beim FBI – und Mitbegründer der dortigen Einheit für Verhaltensanalyse. Als Agent für Spionageabwehr und Terrorismusbekämpfung führte er insgesamt mehr als 10.000 Verhöre durch. Heute gilt er als einer der weltweit führenden Experten auf dem Gebiet der nonverbalen Kommunikation – und der Lügendetektion.

Angefangen hat das alles aber aus reiner Not, sagt Navarro. Als er 1973 vom FBI als Special Agent rekrutiert wurde – als ausgebildeter Polizist im zarten Alter von 23 Jahren – habe es dort keine Anleitung oder einen Leitfaden dafür gegeben, wie man Täuschungen in einem Verhör erkennen könnte. Also begann er, jedes nonverbale Verhalten, das ihm besonders auffällig erschien, aufzuschreiben, und suchte in der wissenschaftlichen Literatur nach Hinweisen.

"Eine der allerersten Gesten, die ich bemerkte", sagt er, "war, dass viele Menschen ihren Hals berühren, wenn sie lügen." Davon aber stand nirgends etwas in den Büchern. "Es war so offensichtlich", sagt er, "und ich habe mich gefragt: Warum hat dazu noch niemand etwas geschrieben?" Navarros Liste mit verdächtigen Verhaltensweisen wuchs mit jedem Verhör, und mit ihr seine Zweifel.

Viele der Gesten und Mienenspiele in seinem persönlichen Leitfaden standen nirgendwo anders, und viele die woanders standen, stellten sich schlichtweg als falsch heraus. So war man in den 1970er-Jahren überzeugt davon, dass Menschen, die lügen, eher wegschauen, als einem in die Augen zu sehen. In den Verhören aber zeigte sich genau das Gegenteil. "Gerade wenn Menschen lügen, halten sie eher Augenkontakt", so Navarro, "denn für sie ist es sehr wichtig, möglichst schnell herauszufinden, ob man ihnen ihre Lüge auch wirklich abkauft." Wegschauen, insbesondere beim Reden, sei dagegen eher ein Zeichen dafür, dass jemand mit sich im Reinen sei.

"Um wegzuschauen, braucht man innere Ruhe und Freiheit, sprich: Man muss unbelastet sein." Viele dieser Irrtümer, sagt Navarro, seien wohl entstanden, weil man nicht genau unterschieden habe, ob eine Verhaltenweise von einer Lüge rührt, von Nachdenken zeugt, oder schlicht auf Stress beruht. So sei auch die Annahme, dass ein Blick nach rechts oder links etwas über Wahrheit oder Unwahrheit aussage, nicht richtig – denn ein Blick zur Seite sei lediglich ein Zeichen dafür, dass der Gefragte überlegt oder die gestellte Frage verarbeitet.

Durch nachträgliche DNA-Beweise, so Navarro, seien allein in den vergangenen zehn Jahren in den USA 261 Unschuldige entlastet worden. Sie waren verurteilt worden, weil die Ermittlungsbeamten Hinweise auf Täuschungen gesehen hatten, die eigentlich nur eines waren: Anzeichen von Stress. Es ist schwierig, das auseinanderzuhalten – daran scheitern nicht nur Menschen, sondern auch alle bisher verfügbaren Lügendetektoren.

Aber wie macht man es denn nun richtig? Das Wichtigste, sagt Navarro, ist es, zu Beginn eines Gesprächs, zum Beispiel beim Verhör, eine entspannte, lockere Atmosphäre zu schaffen. "Es ist das komplette Gegenteil dessen, was man im Fernsehen sieht", sagt er. Keine Drohungen, kein Druck, kein Geschrei. Stress sei einfach nicht gut – denn es verwische das Verhalten, blockiere das Gedächtnis und erschwere es dem Ermittler, Täuschungsverhalten von normalem Verhalten zu unterscheiden. Man brauche die entspannte Atmosphäre also, um sich ein Bild des Menschen zu machen; um eine Referenz zu haben. So weit, so gut. Bei einem Vorstellungsgespräch mit einem nervösen Bewerber mag das vielleicht gehen – aber wie entspannt man jemanden, der zum Verhör beim FBI vorgeladen ist?

"Können Sie ein Geheimnis für sich behalten?", fragt Navarro leise. Natürlich nicht, schließlich ist das ein Interview. Ein Trick, mit Sicherheit, denkt man, und hört sich vorsichtig "na gut" sagen. "Sehen Sie? Ich habe leise gefragt, Sie haben leise geantwortet", sagt Navarro. "Menschen spiegeln einander. Und wenn mir jemand gegenübersitzt, kann ich ihn dazu bringen, im selben Rhythmus wie ich zu atmen und zu blinzeln. Das beruhigt ihn, ohne dass er es selbst bemerkt." Ebenso wichtig sei es, absolut neutral zu wirken und keine Wertungen zu zeigen.

Erst dann könne man Gesten und Mimik eines Verdächtigen sinnvoll interpretieren. Dabei, sagt Navarro, darf man sich nicht nur auf einzelne Verhaltensweisen verlassen, sondern muss auf Gesicht, Oberkörper, Arme, Hände, Beine und Füße gleichermaßen achten. Gerade das Gesicht erhalte nach wie vor eine unverhältnismäßig große Bedeutung in vielen Büchern zum Thema, findet er. Dabei sei es oft gar nicht so sonderlich aussagekräftig, wenn es um Lügen geht. "Das Gesicht schließt soziale Verträge", so Navarro. "Wenn mich jemand anlächelt, muss ich zurücklächeln". Andere Körperteile täten das nicht oder sehr viel weniger ausgeprägt.

Die Füße, sagt Navarro, seien das ehrlichste Körperteil des Menschen. Denn sie sind diejenigen, die unsere Spezies über Millionen von Jahren am Leben erhalten haben – denn sie bereiten sich auf Flucht oder Kampf vor. Drehen die Füße sich weg, fühlt man sich unsicher, zeigen die Zehen nach oben, ist man souverän und zuversichtlich. Was im Gehirn vor sich gehe, welche Gefühle, Gedanken, Wünsche oder Sorgen jemand habe, lasse sich in Echtzeit an jedem Teil des Körpers beobachten. In "Der kleine Lügendetektor" hat Navarro nun 216 Gesten zusammengetragen, die während seiner FBI-Zeit gute Indikatoren für Nervosität, Unwohlsein, Täuschungen oder auch Authentizität waren. Navarro rät, beim Beobachten vier Phasen zu unterscheiden. Beim Stellen der Frage solle man darauf achten, wie der Körper des Gegenübers reagiert. Jedes Zucken, An- oder Zurückziehen der Beine, Füße, Arme oder Hände etwa steht für Unwohlsein oder plötzliche Nervosität – denn bei Stress nimmt man automatisch und unbewusst weniger Raum ein. Ist die Frage gestellt, beginnt die Verarbeitung und das Nachdenken über die Antwort.

Hier lassen sich Zeichen der Verzögerung, Anstrengung oder des Überspielens beobachten. Während der Antwort selbst schaffen es viele Lügner, recht gefasst zu wirken. Anzeichen dafür, dass etwas nicht stimmt, kann man dann daran erkennen, dass das Gesagte nicht mit dem Gezeigten übereinstimmt. So sind bei einer Unschuldsbeteuerung die sogenannten fragenden Hände, mit den Handflächen nach oben, verdächtig. Wenn man sich wirklich sicher sei, zeigen die Handflächen aber eher nach unten, so Navarro. Nach der Antwort sind Beruhigungsgesten verräterisch: über das Gesicht streichen, Lippenbeißen – laut Navarro ein Überbleibsel des Saugreflexes –, mit den Haaren spielen oder auch Gähnen, das beruhigend wirkt, weil es die Gesichtsmuskulatur entspannt. Dabei ist es wichtig, die für den Menschen typischen Gesten zu erkennen.

Bundeskanzlerin Merkel etwa, so Navarro, habe sehr typische Gesten. Das berühmte Dach, in dem sie ihre Hände häufig hält, stehe dafür, dass sie mit sich selbst in Einklang sei. Wird sie nervös, löst es sich auf und die Hände greifen mit gespreizten Fingern ineinander. Sagt jemand anders neben ihr etwas, das sie nicht gerne hört, berührt sie kurz mit einem Finger ihr Augenlid. Gerade bei Menschen mit hohem sozialen Status oder auch bei chronischen Lügnern kann es schwieriger sein, Täuschungen zu enttarnen. Denn sie sind es gewohnt, Raum einzunehmen, beobachtet zu werden und ihre Reaktionen schnell zu regulieren. "Aber man wird trotzdem Verhalten sehen, das Unwohlsein ausdrückt, wenn man ihnen ganz bestimmte Fragen stellt", sagt Navarro. Das könnten auch winzige Zeichen von Ärger, Sorge oder Verwunderung sein, die manchmal nur wenige Millisekunden dauern.

Und dann kommt eine FBI-Geschichte. Im August 1988 verhafteten Ermittler des Bundeskriminalamtes einen Mann namens Clyde Lee Conrad wegen des Verdachts auf Spionage. Als Offizier der US-Armee hatte Conrad, in Bad Kreuznach stationiert, Papiere der höchsten Geheimhaltungsstufe an den ungarischen Geheimdienst verkauft. Beim Aufrollen des Falles bat das Bundeskriminalamt Navarro darum, den US-Amerikaner Roderick James Ramsay zu verhören, der Conrad vielleicht kannte. Navarro lud Ramsey vor, plauderte mit ihm über den Wiener Wald und anderes Belangloses, bot ihm eine Zigarette an und fragte dann unvermittelt nach Conrad.

Als er den Namen hörte, war Ramsey nichts anzumerken, so Navarro – nur die Zigarette in seiner Hand, die zitterte, ganz leicht. Ramsey, so stellte sich im Verlauf der Ermittlungen heraus, kannte Conrad nicht nur – er war selbst ein Spion, der eng mit Conrad zusammenarbeitete. Clyde Lee Conrad wurde im Juni 1990 vom Koblenzer Oberlandesgericht wegen Spionage zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, Ramsey zu 36 Jahren – einer zitternden Zigarette wegen.

Der beste Zeitpunkt für ein Geständnis, sagt Navarro, sei übrigens, wenn ein Verdächtiger beginnt, während des Verhörs sanft hin und her oder vor und zurück zu schaukeln. "Das ist eine sehr grundsätzliche und primitive Reaktion des Körpers unter starkem Stress", sagt er. Es ist der Punkt, wenn der Verhörte merkt, dass seine Strategie nicht aufgeht, seine Lügen nicht funktionieren, und ihm seine Ideen ausgehen.

Dann, sagt Navarro, habe er dem Verdächtigen die Hand auf die Schulter gelegt und gesagt: "Sie wissen doch genau, was passiert ist. Sie werden sich besser fühlen, wenn Sie es uns einfach sagen." Mehr brauche es nicht. Der Stress setze in diesem Moment so zu, dass man die Gelegenheit, den Druck zu lindern, mit großer Wahrscheinlichkeit wahrnimmt.

"So", sagt Navarro schließlich. "Sie dürfen das Wissen gerne überall anwenden – zu guten Zwecken, versteht sich." Und nach einer kurzen Pause: "Soll ich ihnen eigentlich auch das nächste Buch schicken, das von mir erscheinen wird? Es heißt: Gefährliche Persönlichkeiten". Was für eine Frage, Herr Navarro.

Fanny Jiménez



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