Forums-Blog - Zetsches Problem im Land des Lächelns
Herzlich willkommen im Innenkreis !!! Hier hast du die Chance mit anderen Teilnehmern in Kontakt zu treten und Themen wie Trainingsinhalte,eigene Fragestellungen,Jobsuche oder Angebote zu veröffentlichen & diskutieren. Bitte achte wie gewohnt auf Vertraulichkeit von Informationen und Etikette. Dies ist ein für jeden zugängiges Forum! Viel Spaß der Admin
  • 12.02.2013 21:34 - Zetsches Problem im Land des Lächelns
von andreas.eick in Kategorie Allgemein.

Daimler-Chef Dieter Zetsche hat heute scheinbar eine Erfolgsbilanz vorgelegt. Doch trotz steigender Erlöse geht der Gewinn zurück - und vor allem in China fährt die Konkurrenz den Mercedes-Leuten davon. Daimler steht eine Aufholjagd auf schwierigem Parcours bevor.



Hamburg - Ein übertriebenes Maß an Eitelkeit kann man Dieter Zetsche nicht nachsagen. Der schnauzbärtige Daimler-Chef legt im kleineren Kreis auch mal die Krawatte ab und zapft Gästen persönlich ein Bier. Doch bei Großveranstaltungen beherrscht Zetsche auch die Kunst der gehobenen Marktschreierei - samt dazugehöriger Posen.

Auf der Detroiter Automesse Mitte Januar etwa ließ sich Zetsche mit hochgestrecktem Daumen ablichten. Dieses Jahr könne ruhig 36 Monate haben, meinte Zetsche selbstbewusst - "so viele neue Produkte werden wir einführen". Bei der Vorstellung der neuen A-Klasse vor knapp einem Jahr erklärte er, dass A für Angriff stünde. In US-Werbespots trat der Automanager auch schon selbstironisch als "Dr. Z." auf - und erklärte mit deutschem Akzent die Vorzüge von Chrysler-Fahrzeugen.
Unter Deutschlands Automanagern ist Zetsche wohl das größte Showtalent - und das wird er auch heute auf der Bilanzpressekonferenz von Daimler ausspielen müssen. Zwar hat Daimler 2012 unter dem Strich einen Gewinn von 6,5 Milliarden Euro eingefahren, operativ ging der Überschuss allerdings zurück. Daimler gelingt es nicht, die Rekorderlöse in Höhe von 114 Milliarden Euro auch in steigende Gewinne umzumünzen.

Aktionäre des Unternehmens haben derzeit nicht viel Freude mit dem Papier des Luxusautoherstellers. Denn die Kernmarke Mercedes fährt den Konkurrenten BMW und Audi hinterher. Im vergangenen Jahr hat sich der Abstand vergrößert: Während BMW 1,54 Millionen und Audi 1,46 Millionen Fahrzeuge auslieferte, schaffte Mercedes 1,32 Millionen Autos.

Die Achillesferse in Daimlers Wachstumsplänen

Will er diesen Rückstand aufholen, muss Zetsche nun konzernweit kräftig Gas geben. Das gilt besonders für einen Markt, den die Stuttgarter lange Jahre nur wenig beachtet haben: In China liegt die bayerische Konkurrenz mittlerweile weit vorne.

Zwar bremsen sich die Wachstumsraten etwas ein. Doch das Luxussegment wird in China auch über die nächsten Jahre boomen. Wenn Daimlers Stern zu altem Glanz zurückfinden will, müssen die Stuttgarter im Reich der Mitte kräftig aufholen. Zetsche weiß, dass China die Achillesferse seiner Wachstumsstrategie ist und setzt nun alle Hebel in Bewegung. Die zahlreichen Modellneuheiten in diesem Jahr könnten dabei helfen - doch sicher ist der Erfolg längst nicht. Denn Daimler ist spät dran.

Vor anderthalb Jahren hat Zetsche das Ziel ausgerufen, bis zum Jahr 2020 seine beiden bayerischen Konkurrenten zu überrunden. Medienberichten zufolge peilt er dieses Ziel sogar schon zwei Jahre früher an. Doch in China hat sich Daimler in der Vergangenheit Patzer geleistet. In dem Markt verkaufte Daimler im vergangenen Jahr 196.000 Fahrzeuge - nur halb so viel wie Erzkonkurrent Audi, der auf 405.800 Neuwagen in China kam.
Beteiligung an BAIC - und Kontrolle über Vertrieb in China

Zetsche bläst nun zur Aufholjagd im Reich der Mitte - und schwört sein Unternehmen auf eine neue Strategie ein. Im Dezember hat Daimler mit Hubertus Troska einen eigenen China-Vorstand berufen, der nun für die Geschäfte verantwortlich ist. Die bisherigen zwei Vertriebsgesellschaften in dem Land werden zusammengelegt.

Anfang dieser Woche hat Daimler bekanntgegeben, sich mit 12 Prozent an der Pkw-Sparte seines langjährigen chinesischen Partners Beijing Automotive Group (BAIC) zu beteiligen. Insgesamt 640 Millionen Euro legt Daimler dafür auf den Tisch - es ist das erste Mal, dass sich ein ausländischer Hersteller an einem chinesischen Automobilproduzenten beteiligt. Gleichzeitig übernimmt Daimler die Mehrheit und damit die Kontrolle an der kürzlich zusammengeführten Vertriebsgesellschaft.

Modelloffensive für die Aufholjagd

Seit langem gibt es zudem Gerüchte, dass sich Chinas Staatsfonds CIC stärker bei Daimler beteiligen will. Derzeit halten die Chinesen 1,1 Prozent des Daimler-Kapitals. Eine Aufstockung auf mehr als 5 Prozent galt bislang als unwahrscheinlich. Doch mit dem BAIC-Deal könnte auch in diesen Punkt Bewegung kommen. Die NordLB hat die Daimler-Aktie kürzlich von "Halten" auf "Kaufen" heraufgestuft. Denn der BAIC-Einstieg und eine mögliche CIC-Beteiligung an Daimler dürften "dem Konzern die Aktivitäten im Reich der Mitte merklich erleichtern", meint NordLB-Analyst Frank Schwope.

Für die Aufholjagd in China kommt Zetsche möglicherweise auch die für dieses Jahr vorgesehene Modelloffensive zugute. Mitte Januar hat Mercedes in Detroit die überarbeitete E-Klasse vorgestellt. Gut eine Milliarde Euro und damit deutlich mehr als sonst üblich hat Daimler investiert, um die erst vier Jahre alte E-Klasse optisch und technisch auf den neuesten Stand zu bringen. Vor allem Firmenkunden hatten die E-Klasse wegen des eher altbackenen Designs zuletzt gemieden hatten. "Das war sehr mutig, aber richtig", urteilt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer gegenüber manager magazin online. Wenn Zetsche Weltmarktführer werden wolle, müsse er "mit Top-Produkten aufwarten".

In diesem Jahr kommt auch der Kompaktwagen CLA auf den Markt. Im Sommer stellt Daimler die neue Version seines Aushängeschildes vor, die neue S-Klasse. In den kommenden Jahren soll es bis zu sechs S-Klassen-Varianten geben, vom Coupé über das Kabrio bis zu einem extralangen Viertürer. Letzterer könnte auf dem chinesischen Markt, wo Autos oft von Chauffeuren gelenkt werden, besonders großen Anklang finden.

Doch sicher ist der Markterfolg noch längst nicht. Mercedes gilt in China als Altherrenmarke - ein Problem, mit dem Zetsche auch in Europa kämpft. Die neue A-Klasse, die seit November bei den Händlern steht, soll dieses Imageproblem lindern. Verkaufszahlen und Umfragen zeigen, dass diese Strategie offenbar einigermaßen funktioniert. Doch auf dem chinesischen Markt, wo Luxusautos eher groß und repräsentativ sein müssen, muss sich Daimler eine andere Verjüngungstaktik einfallen lassen.

"Zeitplan für 2018 ist sehr ehrgeizig"

"China hat die Schlüsselrolle. Doch Daimler liegt zwei Jahre hinter seinen Konkurrenten zurück", sagt Autoexperte Dudenhöffer. Dass Zetsche so lange die Probleme im Reich der Mitte ignorierte, sei ein großer Fehler gewesen. Auch mit der Produktion von Fahrzeugen vor Ort war Daimler später dran als alle seine Konkurrenten. Audi fertigt bereits seit 1996 ganze Modellreihen in China - auch aufgrund des frühen Engagements seiner Konzernmutter Volkswagen. BMW gründete 2003 ein Fertigungsjointventure mit dem chinesischen Hersteller Brilliance. Daimler wagte diesen Schritt erst 2006.

Trotzdem stellt Dudenhöffer Daimler für die Zukunft ein durchaus gutes Zeugnis aus. Als Zetsche das Steuer bei dem stolzen Stuttgarter Autohersteller übernommen habe, hätte der Konzern fast schon ums Überleben gekämpft. Zetsche habe sich entschlossen von Chrysler getrennt und durchaus die Kultur in Stuttgart positiv verändert. Außerdem punkte Daimler mit visionären Innovationen - etwa mit seinem Carsharing-Projekt Car2Go. In diesem Bereich haben Audi und Volkswagen so gut wie nichts zu bieten.

Doch an Zetsches ehrgeizigem Zeitplan für seine Aufholjagd hegt auch Dudenhöffer Zweifel. "Ich halte 2018 für sehr, sehr ehrgeizig", sagt der Autoexperte. Es sei unsicher, ob dieser Zeitraum tatsächlich realisierbar ist. Denn die Probleme in China, der derzeitigen Achillesferse des Konzerns, lassen sich nicht von heute auf morgen lösen. Abseits der Showbühne gesteht das auch Daimler-Chef Zetsche ein. "Das wird nicht über Nacht gehen", sagte er auf der Automesse in Detroit.

Einen ersten Lichtblick gibt es immerhin. Zu Jahresstart hat Daimler in China Boden gut gemacht. Exakt 16.695 Mercedes-Benz-Modelle hat Daimler im Januar in China verkauft, ein Zuwachs von 15,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auf großer Bühne würde Zetsche dazu wohl sagen, dass Daimlers Stern nun auch in China hell erstrahlt. Um im Bild zu bleiben: Ein bisschen Glitzern garantiert noch längst keinen strahlenden Erfolg.



Beliebteste Blog-Artikel:

Melden Sie sich an, um die Kommentarfunktion zu nutzen
Danke für euren Besuch und- "Passt auf euch auf- es tut ja sonst niemand!"
Xobor Xobor Blogs
Datenschutz