Forums-Blog - Das Geheimnis der Gewinnspanne beim Autokauf
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  • 02.06.2013 22:11 - Das Geheimnis der Gewinnspanne beim Autokauf
von andreas.eick in Kategorie Allgemein.

Die Materialkosten eines Pkw sind ein großes Geheimnis der Hersteller. Klar ist: Sie machen saftige Gewinne. Bei Premium-Autos noch mehr. Ein Experte gewährt Einblicke in das lukrative Geschäft. Von Stefan Anker (FTD)



Wenn VW-Chef Martin Winterkorn ins Plaudern kommt, rechnet er schon mal in aller Öffentlichkeit Teilepreise von Autos durch. Er macht es nicht so, dass seine Zuhörer daraus Erkenntnisse gewinnen könnten, aber er lässt durchaus zwei, drei Zahlen für einzelne Bauteile fallen und begründet so etwa, warum er eine bestimmte Technik im Golf nicht anbietet.

Angesichts der Zahl von Einzelteilen in einem Auto (je nach Größe um 25.000) ist man beeindruckt, welche Kennzahlen Winterkorn präsent hat. "Das muss man einfach wissen in dem Geschäft", sagt der VW-Boss dann. "Der Piëch weiß das auch."

Dann hört die Plauderei aber auf, die Details der Pkw-Herstellungskosten zählen zu den am besten gehüteten Geheimnissen überhaupt. Einer, der ein wenig Licht ins Dunkel bringen kann, ist Stefan Bratzel, Professor für Automobilwirtschaft und Leiter des Center of Automotive der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach.

Ihn wundert es nicht, dass Winterkorn so viele Preise im Kopf hat. "Die Materialkosten betragen etwa 70 Prozent der Gesamtproduktkosten. Bezogen auf den Preis, den der Kunde zahlt, sind es 50 Prozent."

Die zweite Hälfte des Autopreises setzt sich zusammen aus Produktions-, Entwicklungs- und Gemeinkosten inklusive Löhne, die mit 25 bis 30 Prozent in die Rechnung eingehen, und allem, was man als Vertriebskosten bezeichnen kann: Marketing, Werbung, Händlermarge. Irgendwo in diesen 20 bis 25 Prozent liegt auch der Gewinn des Herstellers, allerdings nicht versteckt. Die meisten Autohersteller sind börsennotierte Aktiengesellschaften und müssen ihre Zahlen vierteljährlich veröffentlichen.

Gewinn bei Premium-Autos höher

So hat der Volkswagen-Konzern im ersten Quartal dieses Jahres 2.375.000 Autos abgesetzt und einen Gewinn vor Steuern von 2.255.000.000 Euro gemeldet. Pro Auto (vom Seat bis zum Bugatti) macht das 949,48 Euro. Diese Zahl klassifiziert Volkswagen nach wie vor als Massenhersteller, denn in der Premiumwelt, der sich der Wolfsburger Konzern ja auch nah fühlt, wird besser verdient.

Teilt man das Vorsteuer-Ergebnis der BMW AG durch die Zahl der verkauften Fahrzeuge (442.800 Autos plus 24.732 Motorräder), kommen 4235 Euro heraus, selbst nach Abzug der Steuern bleiben je Fahrzeug noch 2774 Euro Gewinn (VW: 709). "Bei Daimler ist das ähnlich wie bei BMW", sagt Stefan Bratzel dazu, "und Porsche hat auch schon mal 17.000 Euro Gewinn pro Auto gemeldet."

Immerhin gehört der Sportwagenhersteller zum VW-Konzern, aber den Großteil des Absatzes machen eben die preiswerteren Marken VW, Seat und Skoda. "Wir dürfen auch die vielen VW-Fahrzeuge für den chinesischen Markt nicht vergessen", sagt Bratzel. Die Modelle, größtenteils andere als in Europa, kosten in China weit weniger als in Deutschland.

Netto-Volkswagen kostet 17.317 Euro

Errechnet man den durchschnittlichen weltweiten Verkaufspreis eines Volkswagen-Produkts aus dem ersten Quartal, so kommt man auf 17.317 Euro – das ist nur wenig mehr, als in Deutschland ein Basis-Golf mit seinen 16.975 Euro kostet. Die Zahlen sind allerdings nur dann wirklich vergleichbar, wenn man vom Golf-Preis noch die deutsche Mehrwertsteuer abzieht, man kommt dann auf 14.265 Euro.

Das ist wichtig, denn alle weiteren Angaben können sich nur auf den Nettopreis beziehen, weil die Mehrwertsteuer in jedem Land unterschiedlich hoch ist. In Deutschland beträgt sie 19 Prozent, und sie stellt damit einen der größten Einzelposten beim Autokauf dar. Dafür ist sie wenigstens kein Geheimnis.

Für unseren durchschnittlichen Netto-Volkswagen mit seinen 17.317 Euro zahlen wir laut Stefan Bratzel also 8658,50 Euro fürs Material, 4329,25 Euro für Löhne und Gehälter sowie noch einmal so viel für die Vertriebskosten. Die Händlermarge liegt bei rund 15 Prozent, der Händler erhielte also allein 2258 Euro. Von diesem Geld muss er allerdings seine Rabatte finanzieren.

Motor am teuersten

Verteilt man den Preis auf die einzelnen Positionen im Auto, ist tatsächlich das Herzstück am teuersten. "Der Motor macht im Durchschnitt rund 15 Prozent des Autopreises aus", sagt Stefan Bratzel, "hinzu kommen bis zu zehn Prozent fürs Getriebe." Die Karosserie samt Struktur darunter komme ebenfalls auf 15 Prozent Kostenanteil, und das Interieur stelle in letzter Zeit einen immer größeren Kostenfaktor dar. Auch wegen der gestiegenen Ansprüche an Material- und Verarbeitungsqualität machen Sitze, Cockpit und Innenraumauskleidung weitere zehn Prozent des Autopreises aus.

Einen steigenden Anteil nimmt der Komplex Elektrik/Elektronik ein. Schon bei einem Kleinwagen seien das etwa zehn Prozent des Autopreises, bei Luxuslimousinen wie der jetzt vorgestellten Mercedes-S-Klasse könne man auch 15 Prozent für die unsichtbaren Hilfssysteme zahlen. Bei einem gut ausgestatteten S 500 für etwa 120.000 Euro gehen allein 18.000 Euro in die Elektronik.

Doch im täglichen Geschäft bei den Händlern zählen all diese Berechnungen nicht viel. Speziell in Europa werden Autos schon länger nicht über die Kosten verkauft, sondern über den Preis, auch wenn das Rabattniveau im Mai wieder leicht gesunken ist. Ferdinand Dudenhöffer lässt an seinem Center Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen monatlich die Rabattaktionen aller Hersteller in Deutschland auswerten, und der CAR-Index ist von 133 auf 126 gefallen (vor einem Jahr: 116). Die aktuelle Entwicklung führt Dudenhöffer darauf zurück, dass VW die sogenannten Händler-Incentives deutlich zurückgefahren habe. "VW scheint zu testen, inwieweit Rabatte wieder zurückgenommen werden können."

Lieferanten im Nachteil

Laut Dudenhöffer gibt es im Zuge spezieller Hersteller-Aktionen noch 8,6 Prozent Nachlass beim VW-Händler (Ford: 11,7, Opel: 13,9), und selbst die Internet-Rabatte sind für einen neuen VW von durchschnittlich 17,3 auf 13,6 Prozent gefallen. Modelle von Opel (27 Prozent) und Ford (31,7 Prozent) bekomme man bei Internetvermittlern weit günstiger angeboten. Dafür liege der Anteil an Eigenzulassungen (Dienstwagen, Vorführwagen, Tageszulassungen) bei VW mit 33 Prozent sehr hoch – auch das eine Maßnahme, um neuwertige Autos mit hohen Nachlässen in den Markt zu drücken.

Geht es im Vertrieb um Tausende Euro, die man dem Kunden nachlässt, so wird in der Entwicklung oft um Cent-Beträge gefeilscht, wie Stefan Bratzel weiß. "Die jährlichen Preisverhandlungen zwischen Herstellern und Zulieferern ergeben in der Regel Preissenkungen um drei bis vier Prozent." Wenn also VW den neuen Golf auf den Markt bringt und – wie geschehen – damit wirbt, dass die Listenpreise kaum erhöht wurden bei gleichzeitiger Verbesserung der Ausstattung, geht das zulasten der Lieferanten. Sie müssen dann sehen, wie sie ihre Produktivität entsprechend verbessern.

Volumenhersteller wie Opel oder Toyota beziehen etwa 75 Prozent ihrer Teile von außen, Premiummarken wie BMW machen etwas mehr selbst, lassen sich aber auch zu 70 Prozent beliefern. Ebenso ist es bei VW, sagt Stefan Bratzel. Die eigene Fertigung gilt als teurer, aber gibt dem Auto auch einen Imagevorteil, der wiederum in einen höheren Preis umgemünzt werden kann. Wie hoch allerdings Prestige wirklich zu veranschlagen ist, das weiß wahrscheinlich nicht mal Martin Winterkorn.



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